Entscheidungsstichwort (Thema)

Gestaltungsspielraum der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Festsetzung von arztgruppenspezifischen fallbezogenen Richtgrößen

 

Orientierungssatz

1. Allein den Gesamtvertragspartnern - die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen und die Kassenärztliche Vereinigung (SGB V (juris: SGB 5) § 84 Abs 1) steht das Recht zu, den Leistungsumfang abschließend zu regeln.

2. Nur diesen ist in SGB V (juris: SGB 5) § 106 Abs 5a S 5 aufgegeben, in Vereinbarungen die Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten zu bestimmen.

3. Mithin sind die von den Vertragspartnern in Form öffentlich-rechtlicher Verträge mit Rechtsnormcharakter (Normsetzungsverträge) getroffenen Regelungen grundsätzlich von der Regelungsermächtigung gedeckt. Hinsichtlich der im Einzelnen getroffenen Regelungen steht den Vertragspartnern ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer normativer Gestaltungsspielraum zu.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.03.2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der als Facharzt für Orthopädie in E niedergelassene und in Einzelpraxis zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger wendet sich gegen einen Regress wegen Überschreitung der Arzneimittel-Richtgrößen im Jahre 2005. Streitig ist allein die Frage, ob bei den Verordnungskosten Praxisbesonderheiten in Form der Verordnung von Calcium und Vitamin D zu berücksichtigen sind.

Mit Schreiben vom 21.03.2007 gewährte der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein (Prüfungsausschuss) dem Kläger vor dem Hintergrund, dass von Amts wegen eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit seiner Verordnungsweise von Arzneimitteln nach Richtgrößen im Jahr 2005 beabsichtigt sei, Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Darlegung von Praxisbesonderheiten. Dazu führte der Kläger aus, dass die Kosten der Verordnungstätigkeit aus der den Leitlinien gerechten Therapie der Osteoporose resultierten, sie mithin nicht unwirtschaftlich sein könnten.

Der Prüfungsausschuss setzte daraufhin mit Bescheid vom 09.07.2007 wegen Überschreitung der Arzneimittel-Richtgrößen im Jahr 2005 einen Regress in Höhe von 9.970,49 EUR fest.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger einen osteologischen und schmerztherapeutischen Schwerpunkt seiner Praxis geltend. Gegenüber dem Durchschnitt seiner Vergleichsgruppe (ca. 4,5 % osteologische Fälle) habe er im Jahr 2005 einen um 200 % erhöhten Anteil. Den sich daraus ergebenden Mehrbedarf bei den Arzneiverordnungskosten habe der Prüfungsausschuss nur teilweise berücksichtigt. Nicht beachtet worden seien die im Zusammenhang mit der Osteoporosetherapie verordneten Mineralstoffe, Vitamine und Medikamente zur Calcium-Homöostase. Die Verordnung dieser Präparate sei Bestandteil der leitlinienkonformen Osteoporosetherapie. Insoweit sei ein Mehrbedarf i.H.v. 29.169,26 EUR als Praxisbesonderheit in Abzug zu bringen.

Der Beklagte reduzierte den Regress auf 3.057,41 EUR (Bescheid vom 12.11.2007): Die Praxis des Klägers sei der Fachgruppe der Orthopäden nach der Anlage B der Richtgrößenvereinbarung 2005 (RGV 2005) zuzuordnen. Die Arzneiverordnungskosten wiesen in der Summe der Allgemeinversicherten und Rentner eine Abweichung zur Richtgrößensumme von 357,47 % auf. Von den Verordnungskosten des Klägers seien nicht aufgeklärte Kosten (1.492,52 EUR) und Nichtarzneimittel (1.008,58 EUR) sowie nach § 5 Abs. 3 RGV 2005 Kosten der Arzneimitteltherapie der terminalen Niereninsuffizienz (Symbolnummer 90906) i.H.v. 29,35 EUR in Abzug zu bringen. Nach § 5 Abs. 4 RGV 2005 seien des Weiteren Mehrkosten gegenüber der Vergleichsgruppe bei den Praxisbesonderheiten "Schmerztherapie mit Opioiden und den dazugehörigen Laxantien" (Symbolnummer 90916) i.H.v. 37.390,20 EUR, "Antiepileptika" (Symbolnummer 90918) i.H.v. 3.179,33 EUR, "Antithrombotische Mittel - nur Heparin und Heparinoide, parenteral -" (Symbolnummer 90925) i.H.v. 199,59 EUR sowie "Bisphosphonate und selektive Estrogen-Rezeptor-Modulatoren bei Osteoporose" (Symbolnummer 90929) i.H.v. 31.480,11 EUR und der Mehrbedarf bei "Actonel plus Calcium, Bisphosphonat" (ebenfalls Symbolnummer 90929) i.H.v. 97,88 EUR zu berücksichtigen. Zudem seien nach § 5 Abs. 6 RGV 2005 Verordnungskosten i.H.v. insgesamt 34.320,82 EUR wegen der Geltendmachung abweichender Erkrankungen gegenüber der Arztgruppentypik abzuziehen, und zwar "H05AA Nebenschilddrüsenhormone und Analoge", "N06 Psychoanaleptika", "N02 Analgetika" und "B01AX05 Antithrombotische Mittel". Schließlich seien weitere Verordnungen unter ZZZ - Arzneimittel ohne ATC-Code (WP-Liste) - i.H.v. 224,16 EUR abzuziehen.

Die von dem Kläger als Praxisbesonderheit geltend gemachte Osteoporosetherapie sowie die Schmerztherapie seien gemäß § 5 Abs. 4 RGV 2005 (Arzneiverordnungen mit Opioiden sowie dazugehörigen Laxantien, Antiepileptika, Antithrombotische ...

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