Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Einpersonenhaushalt im Hochsauerlandkreis in Nordrhein-Westfalen. Angemessenheitsprüfung. schlüssiges Konzept. Anforderungen an die Datenerhebung. Vergleichsraumbildung. Bestimmung der angemessenen Betriebskosten

 

Orientierungssatz

1. Das Konzept des Grundsicherungsträgers des Hochsauerlandkreises zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten gemäß § 22 SGB 2 aus dem Jahr 2013 in der Fassung der Preisindexfortschreibung für die Jahre 2015 und 2016 und des Korrekturberichts 2019 ist nicht zu beanstanden.

2. Es ist zulässig, bei der Ermittlung der abstrakt angemessenen Betriebskosten auf Durchschnittswerte von lokalen und regionalen Erhebungen zu den tatsächlichen Betriebskosten abzustellen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 01.02.2022; Aktenzeichen B 7/14 AS 199/21 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 17.08.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der als angemessen zu berücksichtigenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.10.2015 bis 31.03.2016.

Die Beklagte ist eine große kreisangehörige Stadt im Hochsauerlandkreis. Dieser übertrug die ihm als zugelassenem kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) obliegenden Aufgaben im Wesentlichen seinen kreisangehörigen Gemeinden (§ 1 Abs. 1 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem II. Buch Sozialgesetzbuch im Hochsauerlandkreis vom 30.12.2004, ABl. für den Hochsauerlandkreis 2004, S. 110), darunter der Beklagten. Mit der Ermittlung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung beauftragte der Kreis das Beratungsunternehmen Analyse & Konzepte, das im Jahr 2013 ein Konzept zur Ermittlung der Angemessenheit der Unterkunftskosten vorlegte. Dieses unterteilte die kreisangehörigen Gemeinden auf Grundlage einer sog. Clusteranalyse in verschiedene Wohnungsmarkttypen. Die Beklagte bildete danach einen eigenen Wohnungsmarkttyp. U.a. für die Jahre 2015 und 2016 wurde das Konzept fortgeschrieben wurde (Indexfortschreibung). Danach lag die Angemessenheitsgrenze für Einpersonenhaushalte im Stadtgebiet der Beklagten zunächst bei 299,50 Euro und - nach Fortschreibung - bei 309 Euro.

Die Klägerin ist teilweise erwerbsgemindert und bezieht eine Erwerbsminderungsrente (Arbeitsmarktrente) aus der gesetzlichen Rentenversicherung, zuletzt i.H.v. 479,97 Euro monatlich. Daneben steht sie bei der Beklagten im aufstockenden Leistungsbezug nach dem SGB II.

Die Klägerin bewohnt alleine eine 68,5 m² große Wohnung im Stadtgebiet der Beklagten zur Miete. Die Miete betrug monatlich 276,14 Euro, hinzu kamen Vorauszahlungen auf die kalten Nebenkosten von monatlich 77,10 Euro. Beheizt wird die Wohnung mittels einer Gastherme. Die monatlichen Vorauszahlungen für die Belieferung mit Gas betrugen 85 Euro bis einschließlich Dezember 2015 sowie 87 Euro ab März 2016.

Die Beklagte berücksichtigte bei der Berechnung des der Klägerin bewilligten Arbeitslosengeldes II die Miete nebst kalten Nebenkosten zunächst in Höhe lediglich des Tabellenwertes nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zzgl. eines Sicherheitszuschlags von 10 %, insgesamt also i.H.v. 338,80 Euro.

Nach Vorlage des Konzepts zur Ermittlung der Angemessenheit der Unterkunftskosten teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihre Bruttokaltmiete um 53,74 Euro zu hoch sei; angemessen sei für ihr Stadtgebiet eine Miete inkl. Nebenkosten von 299,50 Euro. Ab dem 01.10.2014 könne die Klägerin daher nur noch den angemessenen Teil ihrer Unterkunftskosten beanspruchen (Kostensenkungsaufforderung vom 31.03.2014).

U.a. für die Zeit vom 01.10.2015 bis 31.03.2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin sodann Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung nur noch der vermeintlich angemessenen Unterkunftskosten von monatlich 309 Euro; den Strom zum Betrieb der Gastherme berücksichtigte die Beklagte mit monatlich 3,47 Euro (Bescheide vom 28.09.2015, 26.11.2015 und 28.12.2015; Widerspruchsbescheid vom 21.01.2016; weiterer Änderungsbescheid vom 28.02.2016).

Hiergegen hat die Klägerin am 08.02.2016 Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben.

Sie hat vorgetragen, die seitens der Beklagten als angemessen anerkannten Unterkunftskosten beruhten nicht auf einem schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Ihr stehe daher Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung ihrer Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der Tabellenwerte nach § 12 WoGG in der jeweils aktuellen Fassung zzgl. eines Sicherheitszuschlages zu. Es seien zu wenig Mietwohnungen in die Berechnung aufgenommen worden. Auch habe die Datenerhebung nicht in einem genau eingegrenzten Vergleichsraum stattgefunden und eine nachvollziehbare Definition des Beobachtungsgegenstandes ("einfacher [b...

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