Nachgehend

BSG (Beschluss vom 14.07.2023; Aktenzeichen B 1 KR 9/23 B)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 06.12.2019 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 38.196,51 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Vergütung vollstationärer Krankenhausbehandlungen i.H.v. 38.196,51 EUR.

Die Beklagte ist Trägerin eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses, in dem im Jahr 2009 51, im Jahr 2010 45 und im Jahr 2011 47 Kniegelenk-Totalendoprothesen (Knie-TEP) implantiert wurden.

Im Jahr 2011 wurde in diesem Krankenhaus u.a. den bei der Klägerin Versicherten P., V., T., M., D., K. und B. jeweils im Rahmen einer vollstationären Behandlung eine Endoprothese an einem Kniegelenk implantiert (OPS ≪2011≫ 5-822); die Beklagte forderte hierfür von der Klägerin jeweils eine Vergütung unter Kodierung des OPS 5-822.11 (P., V., M., D. und B.), 5-822.12 (T.) bzw. 5-822.92 (K.). Die Behandlungszeiträume, die abgerechneten Fallpauschalen (DRGs) und die geforderten Vergütungen waren jeweils wie folgt:

P.: 05.01.2011 bis 18.01.2011, DRG I44B, Vergütung i.H.v. 7.041,06 EUR,

V.: 10.01.2011 bis 29.01.2011, DRG I44A, Vergütung i.H.v. 8.639,16 EUR,

T.: 14.03.2011 bis 27.03.2011, DRG I44B, Vergütung i.H.v. 7.074,30 EUR,

M.: 16.03.2011 bis 30.03.2011, DRG I44B, Vergütung i.H.v. 7.074,30 EUR,

D.: 02.05.2011 bis 14.05.2011, DRG I44B, Vergütung i.H.v. 7.084,30 EUR,

K.: 12.05.2011 bis 25.05.2011, DRG I43B, Vergütung i.H.v. 9.337,45 EUR,

B.: 14.09.2011 bis 28.09.2011, DRG I44B, Vergütung i.H.v. 7.214,30 EUR.

Die Klägerin beglich die Rechnungen ohne Vorbehalt.

Mit gleichlautenden Schreiben vom 06.08.2015 teilte sie der Beklagten in den genannten Behandlungsfällen mit, dass eine Überprüfung ergeben habe, dass das Krankenhaus die durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) für Knie-TEP beschlossene Mindestmenge nicht erfüllt habe. Ausnahmetatbestände gemäß der Mindestmengenvereinbarung lägen nicht vor. Daher sei eine Abrechnung der Leistungen nicht möglich. In der Folge wies die Klägerin ergänzend daraufhin, dass der G-BA-Beschluss zum Aussetzen der Mindestmenge für diesen Leistungsbereich vom 15.09.2011 datiere. Er sei im Bundesanzeiger am 18.10.2011 veröffentlicht worden und damit am 19.10.2011 in Kraft getreten. Da das Krankenhaus die erforderliche Mindestmenge von 50 im Jahr 2010 nicht erreicht habe, sei es ab 01.01.2011 nicht berechtigt gewesen, die Leistung zu erbringen und abzurechnen. Somit ergebe sich für die Fälle ab diesem Datum ein Erstattungsanspruch. Erst ab Inkrafttreten des Beschlusses über die Aussetzung der Mindestmengenregelung für Knie-TEP (19.10.2011) bis zum 31.12.2014 habe das Krankenhaus diese Leistung unabhängig von der erbrachten Menge erbringen und abrechnen dürfen.

Die Klägerin rechnete im August 2015 mit Erstattungsansprüchen i.H.v. insgesamt 38.196,51 EUR gegen andere unstreitige Vergütungsansprüche der Beklagten auf, was sie dieser mit Zahlungsavis vom 12.08.2015 mitteilte. Nach den im Zahlungsavis angegebenen Fallnummern betrugen die geltend gemachten Erstattungsansprüche bei den Versicherten jeweils wie folgt:

P.: 5.106,51 EUR,

V.: 5.138,65 EUR,

T.: 5.137,64 EUR,

M.: 5.137,64 EUR,

D.: 5.137,64 EUR,

K.: 7.400,79 EUR sowie

B.: 5.137,64 EUR.

Die Beklagte hat ursprünglich am 12.11.2015 gegen die Klägerin Klage zum Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben (Az. S 43 KR 1707/15) und die Bezahlung der unstreitigen Forderungen i.H.v. 38.196,51 EUR, geltend gemacht, da die Aufrechnung unzulässig gewesen sei. Die Klägerin hat am 21.12.2015 erklärt, sie werde den geforderten Betrag unter dem Vorbehalt der Rückforderung an die Beklagte zahlen. Gleichzeitig hat sie Widerklage auf Zahlung von 38.196,51 EUR nebst Zinsen erhoben. Das Sozialgericht hat die Widerklage abgetrennt. Daraufhin haben die Beteiligten diesen Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe die gezahlte Vergütung ohne Rechtsgrund erhalten. Sie habe den jeweils kodierten OPS aus dem Bereich 5-822 nicht abrechnen dürfen, da sie die erforderliche Mindestmenge von 50 Knie-TEP nach Anlage 1 Nr. 6 der Vereinbarung des G-BA gemäß § 137 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung (a.F.) für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser (Mindestmengenvereinbarung), Stand 11.11.2010, im Jahr 2010 nicht erreicht habe. Daher habe für 2011 eine negative Prognose bestanden, so dass sie ab 01.01.2011 nicht berechtigt gewesen sei, diese Leistungen zu erbringen und abzurechnen. Zwar habe der G-BA mit Beschluss vom 15.09.2011 die Mindestmengenvereinbarung für Knie-TEP befristet außer Vollzug gesetzt. Dieser Beschluss sei jedoch erst am 18.10.2011 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden und damit am 19.10.2011 in Kraft getreten. Erst ab Inkrafttreten des Beschlusses habe die Beklagte Knie-TEP unabhängig von der erreichten Mi...

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