Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Überprüfung einer bindenden Verwaltungsentscheidung
Orientierungssatz
1. Ergibt sich bei der Überprüfungsentscheidung der Behörde nach § 44 SGB 10 nichts, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnte, so darf sich die Verwaltung ohne Sachprüfung auf die Bindungswirkung des Ursprungsbescheides berufen.
2. Ergibt die Prüfung, dass ursprünglich nicht beachtete Tatsachen oder Erkenntnisse vorliegen, die für die Entscheidung wesentlich sind, so ist ohne Rücksicht auf die Bindungswirkung neu zu entscheiden.
3. Hat der Antragsteller nach Beendigung des Ursprungsverfahrens bis zur Beendigung des Vorverfahrens keine neuen, bis dahin von der Behörde nicht berücksichtigte Tatsachen vorgetragen oder neue Beweismittel vorgelegt, die geeignet gewesen wären, eine neue Sachprüfung zu eröffnen, so sind die Voraussetzungen für eine erneute Sachentscheidung nicht erfüllt.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21. September 2007 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Mitgliedschaft des Klägers in der Kranken, Renten- und (ab deren Einführung im Jahre 1995) sozialen Pflegeversicherung (KV/RV/PV) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) in der Zeit vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1997.
Der 1959 geborene Kläger, der ein Studium der Fachrichtung "Fotografie" an der Fachhochschule E abgeschlossen hat, ist nach eigenen Angaben im Berufungsverfahren seit 1987 als selbständiger Werbefotograf und Fotodesigner tätig. Am 26.02.2002 hatte sich der bis dahin bei den Beigeladenen zu 1. und 2. freiwillig kranken- und pflegepflichtversicherte Kläger erstmals bei der Beklagten mit der Bitte um Prüfung seiner Versicherungspflicht nach KSVG gemeldet. Unter anderem hatte der Kläger eine Bescheinigung des Gutachterausschusses für den Bereich Köln, Düsseldorf und Münster vom 22.11.1991 vorgelegt, der ihn als Künstler im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) anerkannt hatte. Mit Bescheid vom 27.03.2002 hatte die Beklagte - da einkommensmäßige Bedenken nicht bestanden - festgestellt, dass für den Kläger Versicherungspflicht in der KV, PV und RV nach § 1 KSVG bestehe, und zwar ab dem 15.02.2002.
Am 11.07.2002 hatte der Kläger eine Überprüfung des - inzwischen bestandskräftigen - Bescheides vom 27.03.2002 mit dem Ziel beantragt, als Beginn der Versicherungspflicht den 01.09.1990 festzustellen und eine Beitragsnachentrichtung zur KV, PV und RV zu ermöglichen. Zur Begründung hatte der Kläger vorgetragen, die Beigeladene zu 2. habe trotz genauer Kenntnis seiner beruflichen Tätigkeit keinen entsprechenden Hinweis auf die - beitragsrechtlich günstigeren - Möglichkeiten einer Versicherungspflicht nach dem KSVG erteilt. Diesen Beratungsfehler müsse sich die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zurechnen lassen. Auf Nachfrage der Beklagten hatte die Beigeladene zu 2. mitgeteilt, der Kläger sei im Anschluss an eine Familienversicherung und freiwillige KV als Student dort ab dem 01.09.1990 (bis zum 14.02.2002) versichert gewesen. Er habe im Aufnahmeantrag als Berufsbezeichnung "selbständiger Werbefotograf" angegeben. Mit Bescheid vom 19.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2003 hatte die Beklagte den Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG für die vor dem 15.02.2002 liegenden Zeiträume abgelehnt. Die Beigeladene zu 2. habe zu Recht keinen Beratungsbedarf gesehen, als sich der Kläger dort im Jahre 1990 gemeldet habe. Die Berufsbezeichnung "Werbefotograf" lasse nicht zwingend auf eine künstlerische Tätigkeit schließen.
In dem vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf unter dem Az. S 4 KR 124/03 über die Frage des Bestehens von Versicherungspflicht im Zeitraum vom 01.09.1990 bis zum 14.02.2002 geführten Klageverfahren hatten die Beteiligten am 29.11.2004 den folgenden Vergleich geschlossen:
1. Der Bescheid vom 19.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2003 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte verpflichtet sich, den Kläger für den Zeitraum ab dem 01.01.1998 gemäß § 1 KSVG (unter Berücksichtigung der §§ 3 bis 5 KSVG) zu versichern. 3. Der Kläger verpflichtet sich, die tatsächlich erzielten Entgelte als Werbefotograf für den Zeitraum ab dem 01.01.1998 mitzuteilen. Der Kläger verpflichtet sich ebenfalls, gegebenenfalls andere Einkünfte mitzuteilen. 4. Aufgrund der Verjährungsvorschriften (§§ 25 bis 27 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), § 197 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)) werden für den Streitgegenstand keine Feststellungen für den Zeitraum vor dem 01.01.1998 getroffen. 5. Die Beklagte ist bereit, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten. 6. Der Kläger nimmt die Klage zurück.
In Ausführung des o. g. Vergle...