Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Berufskraftfahrer
Orientierungssatz
1. Die Annahme einer Beschäftigung setzt eine persönliche Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, eine Eingliederung in dessen Betrieb und das Unterworfensein in dessen Weisungsrecht voraus. Demgegenüber verlangt die Annahme einer selbständigen Tätigkeit das Bestehen eines unternehmerischen Risikos, einer eigenen Betriebsstätte und die freie Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft.
2. Für eine gänzliche Einordnung in einen fremden Betrieb spricht die zeitliche Inanspruchnahme in einem solchen Ausmaß, dass dem Betroffenen keine Möglichkeit verbleibt, anderweitig in relevantem Umfang tätig zu werden. Gleiches gilt, wenn dieser seine Tätigkeit ausschließlich mit den Betriebsmitteln des Unternehmens ausführt und eigene Arbeitsmittel nicht einsetzt.
3. Wird eine stundenweise Vergütung gezahlt, so entspricht das Risiko, dass die Vergütung überhaupt nicht oder verspätet geleistet wird, dem Risiko eines abhängig Beschäftigten, dessen Arbeitgeber mit den Lohnzahlungen in Verzug gerät.
4. Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Etwas Anderes gilt nur dann, wenn damit Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, d. h. wenn eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.3.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtsstreit nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens, ob die von dem Kläger bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübte Tätigkeit als Kraftfahrer in der Zeit vom 16.4.2007 bis zum 21.12.2007 Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung begründet hat.
Der 1977 geborene Kläger bezog zunächst Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Vor diesem Hintergrund entschloss er sich, ein Gewerbe anzumelden und neben dem Angebot weiterer Dienstleistungen auch Transportaufträge als Kraftfahrer anzunehmen. Als Sitz des Gewerbes gab er seine Privatadresse an. Dort verfügte er über einen Büroraum und einen Lagerraum. Über das Internet sowie Mundpropaganda warb er für seine Geschäftsidee. Darüber entstand der Kontakt zu der Beigeladenen zu 1).
Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um ein familiengeführtes Unternehmen mit Sitz in C (Amtsgericht B, HRB 000), welches sich maßgeblich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Transportgestellen und Verpackungsmitteln aus Holz, Stahl und Kunststoff sowie aus anderen Teilen beschäftigt und dementsprechend für Industrieunternehmen und Automobilhersteller Verpackungs- und Transportlösungen anbietet. Sie hat sich dabei auf Standard- und Sonderlagerungsträger, Gefahrgutbehälter, Routenzüge, Kunststofftrays und -formteile sowie Holzverpackungen spezialisiert und führt im Anschluss auch den Transport in den Transportgestellen durch.
Im Zuge der im Januar 2007 durch den Orkan Kyrill im Sauerland verursachten erheblichen Schäden erschloss sich die Beigeladene zu 1) ein weiteres Geschäftsfeld, nämlich den Abtransport des so entstandenen Windbruch- bzw. Windwurfholzes. Dafür schaffte sie u.a. Kranfahrzeuge an. Neben einem festangestellten Kraftfahrer, dem Zeugen X, stellte die Beigeladene zu 1) ihren Bedarf an Kraftfahrern grundsätzlich über die Firma D GmbH sicher.
In diesem Zusammenhang unterbreitete der Kläger mit Datum vom 5.3.2007 der Beigeladenen zu 1) ein Angebot als freiberuflicher Kraftfahrer Klasse 2, in dem es u.a. wörtlich heißt:
- "Dienstleistung Kraftfahrer
- Abrechnung nach Diagrammscheibe
- Minutengenaue Leistungsabrechnung nach Kostenstelle
- Verpflegungspauschale erst ab 14 Std. zum allgm. Satz
- Monatliche Rechnungsstellung
- Ausgewiesene UST
- Zahlungsziel zum 15. des Folgemonats
- Keine Urlaubs- bzw. Krankheitsaufwendungen"
In der Zeit vom 6. - 9.3.2007 sowie in den Osterferien (2.4. - 14.4.) und Herbstferien (24.9. - 6.10.) stehe er nicht zur Verfügung.
Der Kläger war sodann auf der Grundlage dieses Angebotes für die Beigeladene zu 1) im Zeitraum vom 16.4. bis einschließlich 21.12.2007 als Kraftfahrer zum Abtransport des Windwurfholzes tätig, ohne dass eine schriftliche Bestätigung erfolgte. Weitere schriftliche (Folge-)angebote, Auftragsbestätigungen etc. sowie sonstige vertragliche Grundlagen in Schriftform gibt es nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 1) nicht.
Am 10.9.2007 leitete die Deutsche Rentenversicherung Westfalen an die Beklagte zuständigkeitshalber einen dort gestellten Antrag des Klägers auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) vom 8.8.2007 weiter, dem sich die Beigeladene zu 1) anschloss. Der Kläger tei...