Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachlich-rechtliche Richtigstellung bei Doppelbehandlung von Patienten durch Vertragsärzte in Praxisgemeinschaft

 

Orientierungssatz

1. Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderung auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage nach den Grundsätzen des Urteils des BSG vom 22. März 2006 - B 6 KA 76/04 R - gilt auch bei der Doppelbehandlung von Patienten durch zwei Ärzte einer Praxisgemeinschaft bei einer Überschneidungsquote von mehr als 15 bis 40 %.

2. Bei der Berechnung der Honorarrückforderung wegen einer solchen rechtswidrigen Doppelbehandlung verbleibt nur das Honorar, das die echten Behandlungsfälle betrifft, also diejenigen ohne die künstlich produzierte Fallzahlvermehrung.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.05.2004 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Honorarrückforderungen für die Quartale I/99 bis IV/00.

Der Kläger ist als Arzt für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie (MKG) in L zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Gemeinsam mit einem anderen MKG führte er bis zum 30.06.2001 eine Praxisgemeinschaft. Die Praxis war täglich von 8.00 Uhr bis 19.00 Uhr (für Notfälle bis 20.00 Uhr) geöffnet, wobei die Partner an einzelnen Nachmittagen abwesend waren. Im Jahre 1999 lag die Quote der Patienten, die sowohl vom Kläger wie seinem Partner behandelt wurden, in den einzelnen Quartalen zwischen 27,8 % bis 40,97 %, im Jahre 2000 lagen die Quoten zwischen 15,8 % bis 23,8 %.

Mit Schreiben vom 04.10.2000 bat die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die Doppelbehandlungen um eine Stellungnahme hierzu. Mit Schreiben vom 16.10.2000 gab der Kläger an, es handele sich um Fälle, bei denen der Partner bei Abwesenheit vertreten worden sei. Hauptsächlich beträfen diese die Nachsorge nach chirurgischen Eingriffen sowie Schmerz- und Notfallpatienten. Bei einer Öffnungszeit der Praxis von 8.00 Uhr bis 19.00 Uhr könne es sein, dass einer der Partner seinen freien Nachmittag habe, wenn ein solcher Patient erscheine. Grundsätzlich werde zwar streng darauf geachtet, dass ein Patient bei einem Arzt bleibe, dem Patienten müsse es jedoch aus persönlichen Gründen erlaubt sein, seinen Arzt zu wechseln. Die Partner hätten wegen unterschiedlicher persönlicher Präferenzen fachliche Schwerpunkte, so dass es vorkommen könne, dass während des Quartals unterschiedliche Behandler gewählt würden. Nach einem mit dem Kläger und dessen Partner geführten Gespräch am 07.06.2001 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 13.05.2001 Honorar für die Quartale I/99 bis IV/00 in Höhe von 8.097,48 Euro zurück. Ein Rückforderungsbescheid ist auch gegenüber dem früheren Partner des Klägers ergangen; dieser Bescheid ist nach Rücknahme der Berufung bestandskräftig geworden.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2003 zurück. Bei dem mit dem Kläger geführten Gespräch sei deutlich geworden, dass die Praxis wie eine Gemeinschaftspraxis geführt werde; dies ergebe sich u.a. daraus, dass nur eine Kartei pro Patient geführt werde. Darüber hinaus würden die Patienten ohne ersichtlichen Grund von beiden Zahnärzten behandelt. Dies hätten die Ärzte damit erklärt, dass im Falle der Verhinderung eines Partners durch eine länger dauernde Operation der andere die Behandlung dessen Patienten übernehme. Ferner übernehme der Kollege auch ggfls. die Nachkontrolle im Anschluss an die Narkose, wenn der behandelnde Zahnarzt die Praxis bereits verlassen habe. Die genannten Begründungen rechtfertigten weder die hohe Zahl der doppelten Behandlungsfälle noch sei die Praxisorganisation mit der gewählten Praxisform in Einklang zu bringen. Der Kläger habe wie jeder Zahnarzt in einer Einzelpraxis den Praxistag so zu terminieren, dass er sich jeden Patienten ausreichend widmen könne. Die Erhöhung der Fallzahlen beider Praxispartner habe zur Folge, dass sich günstig auf die Teilnahme an der Honorarverteilung auswirke. Daher sei der als Folge einer unzulässigen Kontingenterhöhung entstandene Schaden auszugleichen.

Zur Begründung der am 02.10.2003 erhobenen Klage hat sich der Kläger auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren bezogen und betont, Schmerzpatienten, die während einer länger dauernden Operation eines der Praxispartners die Praxis aufsuchten, hätten das Recht, sofort von dem "freien" Partner behandelt zu werden.

Mit Urteil vom 05.05.2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Aufgrund der Öffnungszeiten in der Praxisorganisation sei ein Arztwechsel der Patienten im Quartal gefördert worden. Bei Öffnungszeiten der Praxis von 8.00 Uhr bis 19.00 Uhr ungeachtet der Tatsache, dass an einzelnen Tagen nach dem eigenen Vortrag einer der Partner an einem Nachmittag nicht anwesend war, komme es naturgemäß dazu, dass ein Patient nicht immer auf denselben Stammbehandler stoße. Auch die Operationen rechtfertigten nicht die ...

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