Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhauses. Vergütung. intensivmedizinische Versorgung
Orientierungssatz
1. Intensivmedizin ist die Behandlung, Überwachung und Pflege von Patienten, bei denen die für das Leben notwendigen sog vitalen Funktionen von Atmung, Kreislauf, Homöostase und Stoffwechsel lebensgefährlich bedroht oder gestört sind, mit dem Ziel, diese Funktionen zu erhalten, wiederherzustellen oder zu ersetzen, um Zeit für die Behandlung des Grundleidens zu gewinnen (vgl BSG vom 28.2.2007 - B 3 KR 17/06 R = SozR 4-2500 § 39 Nr 8).
2. Allein eine Beatmungspflicht des Versicherten begründet nicht die Notwendigkeit intensivmedizinischer Versorgung. Auch eine dauerhafte Beatmung über Tracheostoma begründet keinen besonderen pflegerischen Bedarf und stellt keine erhöhten Anforderungen an die medizinische Behandlungspflege.
3. Dies hat bei der Behandlung einer Aspiration zur Folge, dass eine Abrechnung der DRG A11G nicht zulässig ist, sondern eine solche nach der niedriger vergüteten DRG G67C zu erfolgen hat.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.08.2017 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 18.603,44 EUR nebst 2 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 16.889,59 EUR ab dem 03.06.2014 bis zum 13.10.2016 sowie aus 18.603,44 EUR ab dem 14.10.2016 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.603,44 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob der klagenden Krankenkasse (Klägerin) ein Anspruch auf Erstattung bereits geleisteter Vergütung für eine stationäre Behandlung einer ihrer Versicherten im Krankenhaus der Beklagten zusteht.
Die bei der Klägerin gesetzlich krankenversicherte B U (Versicherte) wurde in dem von der Beklagten betriebenen, nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus St. L (Klinik für Pneumologie) im Zeitraum vom 02.01.2010 bis 13.01.2010 stationär behandelt (Einweisung als Notfall). Als Hauptdiagnose wurde eine Pneumonie durch Nahrung oder Erbrochenes (J69.01) benannt.
Die Beklagte stellte der Klägerin am 26.01.2010 für die Behandlung einen Betrag von 20.444,90 EUR in Rechnung auf der Grundlage der DRG A11G.
Die Klägerin beglich die Rechnung und leitete ein Prüfverfahren durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dieser gelangte mit Gutachten vom 06.05.2010 und Widerspruchsgutachten vom 07.06.2011 zu dem Ergebnis, dass die Kodierung nicht korrekt sei.
Zur Begründung ihres weiteren Widerspruchs vom 03.08.2011 führte die Klägerin aus, die Versicherte sei in einem Beatmungspflegeheim untergebracht gewesen. Die Behandlungspflege enthalte die spezielle Krankenbeobachtung, das Absaugen zu jeder Zeit und die Bedienung und Überwachung des Beatmungsgeräts. Bei einem Krankenhausaufenthalt seien diese Leistungen auf einer Normalstation nicht zu leisten und hätten gegebenenfalls eine vitale Gefährdung der Versicherten zur Folge. Die Versicherte sei vom 02.01.2010 bis zum 13.01.2010 auf der pneumologischen Intensivstation (interner Sprachgebrauch IMC) unter Behandlungsleitung der pneumologischen Ärzte betreut worden. Sie sei mittels einer Monitoranlage überwacht und fast durchgehend beatmet worden. Die Betreuung sei durch das Pflegepersonal der Intensivstation erfolgt. Bereits seit Anfang 2009 habe keine stabile respiratorische Situation vorgelegen. Sie sei intensivmedizinisch überwacht (Monitoring) und auch intensivmedizinisch behandelt (Beatmung) worden.
Der MDK blieb mit Stellungnahme vom 17.10.2013 bei seiner Auffassung. Es werde nicht infrage gestellt, dass die Versicherte nicht auf einer Normalstation behandelt worden sei. Offensichtlich handele es sich im vorliegenden Fall bei der IMC der Pulmologie um eine besondere Station mit besonderem Equipment und personeller Erfahrung, insbesondere bei heimbeatmeten Patienten. Die Klinik gehe jedoch fehl in der Annahme, dass im vorliegenden Fall die Definition einer stabilen respiratorischen Situation nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 1001h maßgeblich sei, weil kein Fall der Entwöhnung von einer vorangegangenen Beatmung vorgelegen habe. Bei zuvor heimbeatmeten Patienten müsse sich der aktuelle Zustand durch Exacerbation von einem stabilen Zustand zu Hause (oder im Beatmungsheim) derart unterscheiden, dass eine Veränderung der Beatmungsparameter oder Eingriffe in das therapeutische Regime erforderlich seien. Auf keinem Beatmungsprotokoll sei eine Angabe zu den einzelnen Beatmungsparametern vorhanden. Eine Änderung der Beatmungsparameter sei nicht erfolgt. Jedenfalls könne eine solche bei fehlender Dokumentation sowohl der Eingangs- als auch der weiteren Beatmungsparameter nicht erkannt werden. Zusammenfassend ergebe sich bei dem in Rede stehenden Aufenthalt keine Dokumentation einer intensivmedizinischen Behandlungs- und Überwachungsdichte.
Mit Schreiben vom 25.04.2014 forderte die Beklagte die Erstattung eines Be...