rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Arbeitslosenhilfe. Bankguthaben. Verdeckte Treuhand. Unzutreffende Angaben im Antrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Derjenige, der als verdeckter Treuhänder den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft erzeugt, muss sich hieran auch im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung durch die Bundesanstalt für Arbeit festhalten lassen.
2. Maßgebliches Kriterium zur Bestimmung der Kontoinhaberschaft ist der erkennbare Wille desjenigen, der das Konto errichtet unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Nicht genügend ist, wenn der Errichtende lediglich den inneren Willen zur Errichtung eines Treuhandkontos hatte, dies jedoch nicht erkennbar nach außen zum Ausdruck gebracht hat. Die gilt nicht nur im Konkurs – bzw. Insolvenzverfahren und im Rahmen der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO, sondern entsprechend im Recht der Arbeitslosenversicherung bei Berücksichtigung des Vermögens des Empfängers von Arbeitslosenhilfe. Die Bundesanstalt für Arbeit befindet sich insoweit in einer einem Gläubiger des Treuhänders vergleichbaren Stellung, wenn der Leistungsempfänger gegen die Berücksichtigung von Vermögenswerten einwendet, es handele sich um ein verdecktes Treuhandkonto. Besonderheiten der Arbeitslosenversicherung, die eine hiervon abweichende Sichtweise gebieten, bestehen nicht.
3. Für das Erlöschen des Arbeitslosenhilfeanspruchs gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 AFG ist unerheblich, auf welchen Gründen der zwischenzeitliche Bezug bzw. Nichtbezug beruhte. Der Arbeitslosenhilfeanspruch erlischt deshalb auch dann, wenn der Arbeitslosenhilfeanspruch in der Wiederbewilligungsfrist rechtmäßig aufgehoben worden ist.
4. Im Antrag auf Arbeitslosenhilfe sind die Angaben zu den Vermögensverhältnissen zutreffend und vollständig zu machen, da es der Behörde vorbehalten ist, die Verwertbarkeit des Vermögens zu überprüfen. Es ist hingegen nicht Sache des Arbeitslosen, diese Einschätzung selbst durchzuführen und dann falsche Angaben in der Meinung zu machen, dass sich diese ohnehin nicht auswirken. Die Angabe im Antrag auf Arbeitslosenhilfe, über kein Vermögen zu verfügen, ist deshalb auch dann unzutreffend i.S.v. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X, wenn der Kläger gemeint haben sollte, das Vermögen sei wegen der von ihm angenommenen verdeckten Treuhand nicht verwertbar und einem Dritten zuzurechnen.
Normenkette
AFG § 134 Abs. 1 Nr. 3, § 137 Abs. 1, §§ 138, 135; SGB X § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2
Verfahrensgang
SG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 10.11.2000; Aktenzeichen S 22 AL 234/99) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10. November 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob der Kläger Arbeitslosenhilfe und entsprechend entrichtete Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 120.419,58 DM für die Zeit vom 29.05.1992 bis 31.03.1998 wegen nachträglich festgestellter fehlen der Bedürftigkeit zurückzahlen muss.
Der am ...19 ... geborene Kläger war zuletzt bis zum 31.03.1990 als Modulprüfer bei der Firma S ... beschäftigt. Vom 02.04.1990 bis 28.05.1992 bezog er Arbeitslosengeld in Höhe von zuletzt 396,00 DM pro Woche. Für die Zeit ab dem 29.05.1992 wurde dem Kläger Arbeitslosenhilfe bewilligt und zwar mit Bescheiden vom 14.05.1992, 25.03.1993, 22.03.1994, 16.03.1995, 14.03.1996 und zuletzt mit Bescheid vom 17.03.1997 für die Zeit bis 31.03.1998 einschließlich. Der Kläger bezog Arbeitslosenhilfe ab dem 29.05.1992 in Höhe von anfangs 337,80 DM pro Woche bis zum 31.03.1998 einschließlich in Höhe von zuletzt 317,08 DM pro Woche. In seinen Anträgen auf die Leistung hatte er jeweils angegeben, weder er noch seine Ehefrau hätten Vermögen.
Im November 1997 erfuhr die Beklagte von erteilten Freistellungsaufträgen und bat den Kläger um ergänzende Angaben. Unter dem Datum 08.11.1997 teilte der Kläger nochmals mit, weder er noch seine Ehepartnerin verfügten über Vermögen, insbesondere bestünden keine Bankguthaben oder Bargeldvermögen. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Commerzbank E ... mit Schreiben vom 18.12.1997 mit, bei ihr seien ein Depot des Klägersüber einen Betrag von 31.425,00 DM, ein Girokontoguthaben des Klägers in Höhe von 27.644,75 DM, ein Sparguthaben der Ehefrau des Klägers über 11.000,00 DM sowie ein Gemeinschaftskonto der Eheleute P ... mit einem Guthaben von 20.000,00 DM vorhanden. Auf die Aufforderung der Beklagten hin, hierzu Stellung zu nehmen, reichte der Kläger mit Schreiben vom 19.03.1998 eine eidesstattliche Versicherung seiner Tochter S ... P ... vom 16.03.1998 zu den Akten. Darin erklärte diese, das Depotguthaben enthalte sogenannte Vorzugsaktien, die ihrem Vermögen zuzurechnen und auch einzig und allein durch sie finanziert worden seien. Das Girokonto mit einem Guthaben von 27.644,75 DM enthalte im Übrigen auch zum überwiegenden Teil ihre eigenen Forderungen. Dem Kläger gehöre lediglich e...