Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgeld. Zuordnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes zum Insolvenzgeldzeitraum. Arbeitsentgelt- oder Sonderzahlungscharakter. Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes durch Betriebsvereinbarung

 

Orientierungssatz

1. Das - gesetzlich nicht geregelte - zusätzliche Urlaubsgeld stellt eine über das Urlaubsentgelt hinausgehende Arbeitgeberleistung für die Dauer des Urlaubs dar, mit der die urlaubsbedingten Mehraufwendungen teilweise abgedeckt werden sollen (vgl LSG Celle-Bremen vom 28.8.2003 - L 8 AL 180/02).

2. Ob das zusätzliche Urlaubsgeld - wie das Urlaubsentgelt - nur im Umfang der im Insolvenzgeldzeitraum tatsächlich genommenen Urlaubstage zusteht und seine Berücksichtigung im Rahmen des Insolvenzgeldes den hierfür geltenden Grundsätzen folgt, ob es als einzelnen Monaten zuzuordnende urlaubsunabhängige Sonderzahlung den drei zum Insolvenzgeldzeitraum gehörenden Monaten zuzuweisen ist oder ob es als jährlich unabhängig vom tatsächlich genommenen Urlaub zu erbringenden Sonderzahlung nur dann insolvenzgeldfähig ist, wenn der Anspruch auf die Sonderzahlung im Insolvenzgeldzeitraum entsteht, richtet sich allein nach den tariflichen Leistungsvoraussetzungen.

3. Das zusätzliche Urlaubsgeld nach dem Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Metall- und Elektroindustrie vom 24.8.2001 bzw 11.9.2001, in Kraft ab dem 1.1.2002, steht nur im Umfang des im Insolvenzgeldzeitraum tatsächlich genommenen Urlaubes zu und ist daher auch nur hinsichtlich des im Insolvenzgeldzeitraum tatsächlich genommenen Urlaubes bei der Berechnung des Insolvenzgeldes zu berücksichtigen.

4. Aus einer ergänzenden Betriebsvereinbarung ergibt sich nichts anderes, wenn diese hinsichtlich des Urlaubsgeldes lediglich eine für die Berücksichtigung als Insolvenzgeld unerhebliche Fälligkeitsbestimmung enthält (vgl BSG vom 21.7.2005 - B 11a/11 AL 53/04 R = ZIP 2005, 1933), indem der Auszahlungszeitpunkt des Urlaubsgeldes als mit dem hier "Junigehalt" bestimmt wird.

5. Enthält der Tarifvertrag eine allein den Auszahlungszeitpunkt betreffende Öffnungsklausel iS des § 77 Abs 3 S 2 BetrVG, so steht einer über diese Öffnungsklausel hinausreichenden Erweiterung bzw erweiternden Auslegung der Anspruchsvoraussetzungen für das Urlaubsgeld die Regelungssperre des § 77 Abs 3 S 1 BetrVG entgegen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.09.2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung weiterer Urlaubsvergütung bei der Berechnung von Insolvenzgeld. Der Kläger stand in einem Beschäftigungsverhältnis zur ehemaligen I GmbH, über deren Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts Siegen vom 08.09.2003 (25 IN 151/03) das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Metall- und Elektroindustrie vom 24.08.2001 und 11. September 2001, in Kraft ab dem 01.01.2002, Anwendung. § 14 des Tarifvertrages sieht eine von der Anzahl der genommenen Urlaubstage abhängigen Urlaubsvergütung vor, die auf Wunsch des Beschäftigten vor Antritt des Urlaubes zu zahlen ist, sofern der Urlaub mindestens zwei Wochen umfasst. Fällt ein Zahlungstermin für Entgelt oder Ausbildungsvergütung in die Urlaubszeit, so ist das Entgelt oder die Ausbildungsvergütung auf Wunsch des Arbeitnehmers vor Beginn des Urlaubs auszuzahlen.

§ 14 Abs. 3 lautet:

Durch freiwillige Betriebsvereinbarung kann festgelegt werden, dass die zusätzliche Urlaubsvergütung für das gesamte Urlaubsjahr spätestens mit der Abrechnung für den Monat Juni, bei Eintritt im Laufe des Urlaubsjahres mit Abrechnung für den Monat Dezember ausgezahlt wird. Steht dem (Arbeitnehmer) bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ein anteiliger Urlaubsanspruch zu, kann die zuviel gezahlte zusätzliche Urlaubsvergütung zurückgefordert werden.

Bei der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers bestand auf dieser Grundlage folgende Betriebsvereinbarung vom 17. Januar 2001:

1. Lohn- und Gehaltszahlungen erfolgen zum gleichen Zeitpunkt, und zwar zum Ende eines jeden Monats.

2. Der Auszahlungszeitpunkt des Urlaubs bzw. Weihnachtsgeldes wird wie folgt festgehalten: Urlaubsgeld mit dem Junigehalt Weihnachtsgeld: mit dem Novembergehalt.

3. Diese Betriebsvereinbarung tritt mit Wirkung vom Januar 2001 in Kraft.

Seine Gehaltsansprüche für Mai und Juni 2003 in Höhe von 4206,21 EUR hatte der Kläger an die Stadtsparkasse L verkauft, als er am 30.06.2003 Insolvenzgeld für rückständige Arbeitsentgeltansprüche im Zeitraum vom 08.05.2003 bis 07.08.2003 beantragte.

Für diesen Zeitraum standen ihm nach der Insolvenzgeldbescheinigung vom 29.08.2003 ein noch nicht ausgezahltes Nettoarbeitsentgelt von 1,59 EUR für Mai 2003, von 2364,59 EUR für Juli 2003 und von 484,90 EUR für die ersten sieben Tage im August 2003 zu.

Mit Bescheid vom 10.09.2003 bewilligte die B...

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