Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung der Höhe des Beitrags zur Kranken- und Pflegeversicherung bei einem hauptberuflich selbständig erwerbstätigen freiwillig Versicherten
Orientierungssatz
1. Für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung bestimmt sich die Beitragsbemessung nach § 240 SGB 5. Dabei ist die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen.
2. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird nicht von der Höhe der liquiden Mittel bestimmt. Auch Einnahmen, die der Erfüllung von Verbindlichkeiten dienen, können zur Beitragsbemessung herangezogen werden.
3. Eine einkommensabhängige Beitragsbemessung kann vorläufig unter Vorbehalt vorgenommen werden. Der Beitragspflichtige kann niedrigere Einkünfte durch Vorlage des Steuerbescheides nachweisen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.06.2010 wird zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.06.2010 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung der vom Kläger zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Der Kläger war bei der Beklagten bis zum 31.01.2004 als hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger freiwillig versichert. Er geriet in dieser Zeit mehrfach mit den Versicherungsbeiträgen, die auf Grundlage der oberen Beitragsbemessungsgrenze berechnet wurden, in Rückstand. U.a. darüber wurden zwischen dem Kläger und der Beklagten Gespräche geführt, deren Inhalt streitig ist. In deren Rahmen teilte der Kläger der Beklagten jedenfalls mit, jährlich steuerliche Einkünfte aus Vermietung i.H.v. ca. 30.000,00 EUR zu erzielen, die nach seiner Auffassung allerdings nicht der Beitragsbemessung zugrundezulegen seien (Schreiben vom 29.02.2004). Die Beklagte nahm daraufhin mit Wirkung ab 01.02.2004 eine einkommensabhängige Beitragseinstufung in die Beitragsklasse 805 auf der Grundlage von monatlichen Einkünften i.H.v. 2.500,00 EUR vor. Der entsprechende Bescheid vom 23.03.2004 enthielt den Vorbehalt einer späteren Überprüfung. Er erging hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung zugleich im Namen der Pflegekasse.
Auf Aufforderung der Beklagten reichte der Kläger unter dem 12.12.2006 eine Einkommenserklärung ein, in der angab, ein monatliches Arbeitsentgelt i.H.v. 3.827,00 EUR zu erzielen. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung stünden noch nicht fest, da er für 2005 noch keine Einkommensteuerklärung abgegeben habe; er schätze die Einkünfte auf monatlich 1.500,00 EUR.
Die Beklagte stufte den Kläger mit Bescheid vom 13.03.2007 mit Wirkung ab 01.04.2007 in die einkommensunabhängige Beitragsklasse 605 ein und teilte ihm dazu mit, dass der Beitragsbemessung die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen i.H. der Beitragsbemessungsgrenze zugrundegelegt würden. Die Beitragseinstufung ergehe unter dem Vorbehalt der späteren endgültigen Festsetzung nach Vorlage eines Einkommenssteuerbescheides. Der Bescheid ergehe hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung zugleich im Namen der Pflegekasse.
Dem widersprach der Kläger; die Beitragsbemessung sei nicht nachvollziehbar. Vom Arbeitsentgelt seien die Vorsorgeaufwendungen abzuziehen. Zudem stünden die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung noch nicht fest. Von den Einnahmen seien außerdem die Tilgungsleistungen abzuziehen, die bei der steuerlichen Einkommensermittlung unberücksichtigt blieben.
Auf Anforderung der Beklagten teilte das Finanzamt I das steuerliche Einkommen des Klägers in den Veranlagungszeiträumen 2004 und 2005 mit:
2004
selbständige Arbeit = 9.108,00
unselbständige Arbeit./. Werbungskosten = 44.249,00
Vermietung und Verpachtung = 21.773,00
2005
selbständige Arbeit - 10.160,00
unselbständige Arbeit./. Werbungskosten = 48.885,00
Vermietung und Verpachtung = 13.989,00
Mit Beitragsbescheiden vom 01.08.2007 setzte die Beklagte die Beiträge für den Zeitraum vom 01.02.2004 bis 31.12.2006 und für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.03.2007 neu fest. Sie stellte dabei die bisher nach der Beitragsklasse 805 berechneten Beiträge denen nach der Beitragsklasse 605 gegenüber und berechnete daraus eine Nachforderung von 6.122,79 EUR. Ferner wies die Beklagte daraufhin, dass eine neue Beitragseinstufung erst ab dem Ersten des auf die Erteilung eines neuen Einkommensteuerbescheides folgenden Monats erfolgen könne; die Beitragseinstufung werde dann für die Zukunft festgesetzt; rückwirkende Beitragserstattungen schieden aus. Die Bescheide ergingen hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse.
Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, die vom Finanzamt angegebenen Einkünfte seien nicht maßgeblich, weil diese nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit widerspiegelten. Die nach den Steuervorschriften ermittelten Einnahmen könnten nicht schematisch der Beitragsbemessung zugrundegelegt werden. Es existiere auch keine Satzungsregelung, di...