Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung wegen fehlender Fortbildung
Orientierungssatz
1. Nach § 95 Abs. 6 S. 1 SGB 5 ist die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen, wenn der Arzt seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Das ist u. a. nach § 95d Abs. 3 S. 6 SGB 5 dann der Fall, wenn er weder im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum die erforderlichen Fortbildungen durchgeführt noch spätestens zwei Jahre nach Ablauf dieses Zeitraums den entsprechenden Nachweis erbracht hat. Auf Verschulden kommt es dabei nicht an (BSG Beschluss vom 11. 2. 2015, B 6 KA 37/14 B).
2. Das Nachholen versäumter Fortbildungen ist nicht beliebig lang, sondern nur binnen einer Zusatzfrist von zwei Jahren möglich.
3. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens auch im zweiten Rechtszug. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung aufgrund fehlender Fortbildungsnachweise.
Der im Jahr 1949 geborene Kläger ist seit dem 02.12.1992 in E zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Unter dem 19.03.2009 machte die Beigeladene zu 7) den Kläger darauf aufmerksam, dass er bis Ende Juni für die letzten fünf Jahre noch Fortbildungen in einem Umfang von 250 Punkten nachweisen müsse. Da er dem nicht nachkam, wies die Beigeladene zu 7) den Kläger darauf hin, dass wegen des fehlenden Fortbildungsnachweises nunmehr das Honorar um zunächst 10% und - wenn ihn auch dies nicht zum Nachweis der vorgeschriebenen Fortbildungen bewege - nach vier Quartalen in Höhe von 25% gekürzt werde (Schreiben vom 25.11.2009). Zugleich leitete sie ein Disziplinarverfahren beim Disziplinarausschuss für Ärzte in E ein, der gegen den Kläger eine Geldbuße in Höhe von 2.500,00 EUR verhängte (Beschluss vom 11.07.2012).
Weder Honorarkürzungen in den Quartalen III/2009 bis I/2011 in Höhe von insgesamt 106.477,27 EUR noch die Geldbuße bewogen den Kläger dazu, die erforderlichen Fortbildungen nachzuweisen. Daher beantragte die Beigeladene zu 7) gegenüber dem Zulassungsausschuss für Ärzte in E, dem Kläger gemäß § 27 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Selbst in diesem Verfahren gab der Kläger erst in der Sitzung des Zulassungsausschusses vom 30.10.2014 an, gewillt zu sein, sich in das Fortbildungssystem einzuordnen. Grund für die dennoch weiterhin fehlenden Nachweise sei der belastende Praxisalltag. Zudem sei seine Wohnung im Jahr 2005 ausgebrannt. In der Folgezeit sei es dann zu drei Rohrbrüchen im Lager gekommen, in dem er nach dem Wohnungsbrand unter anderem seine Fortbildungsunterlagen verwahrt habe. Dadurch seien Nachweise verloren gegangen. Er habe auch angenommen, die Fortbildungsnachweise würden automatisch an die Beigeladene zu 7) weitergeleitet und nicht einmal gewusst, dass die Honorarkürzungen aufgrund des Verstoßes gegen Fortbildungsverpflichtungen erfolgt seien. Der Zulassungsausschuss hat dem Kläger die Zulassung mit "sofortiger Wirkung" entzogen (Beschluss vom 30.10.2014). Er habe nicht gemäß § 95d Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die erforderlichen Fortbildungen in den letzten fünf Jahren vor dem 30.06.2009 nachgewiesen. Auch in der Folgezeit hätten ihn weder Honorarkürzungen noch die Disziplinarmaßnahme dazu bewegen können, die notwendigen Fortbildungen durchzuführen und nachzuweisen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den er nicht begründete. Im Rahmen der Sitzung des Beklagten vom 18.03.2015 gab sich der Kläger erneut einsichtig. Zur Begründung der fehlenden Nachweise nahm er Bezug auf seine Ausführungen vor dem Zulassungsausschuss. Zudem legte er Auszüge aus seinem Fortbildungskonto bei der Ärztekammer Nordrhein vor, das einen Stand von 239 Punkten für die Zeit von 01.07.2009 bis zum 01.02.2015 auswies. Mit Beschluss vom 18.03.2015, ausgefertigt am 08.04.2015, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe im Fortbildungszeitraum von 2004 bis 2009 kein einziges Zertifikat einer von der Ärztekammer Nordrhein anerkannten Fortbildung vorgelegt. Damit habe er gegen die ihn treffende Fortbildungspflicht und den Nachweis der Fortbildung verstoßen. Auch in dem sich anschließenden Zeitraum von weiteren zwei Jahren habe der Kläger die erforderlichen Fortbildungen nicht durchgeführt und nachgewiesen, obwohl er mittels Honorarkürzungen von über 100.000,00 EUR und einer Disziplinarmaßnahme von der Beigeladenen zu 7) hierzu angehalten worden sei. Selbst wenn man für die Zeit von 2009 bis 2014 trotz Fehlens von Fortbildungszertifikaten die 239 von der Ärztekammer Nordrhein im Fortbildungskonto des Klägers gespeicherten Punkte berücksichtige, sei dieser nicht einmal bis heute seiner Verpflichtung zur (Mindest-) Fortbildung und ihrem Nachweis nachgekommen...