Entscheidungsstichwort (Thema)

Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung bei fehlendem Nachweis der Fortbildung

 

Orientierungssatz

1. Nach § 95 Abs. 6 S. 1 i. v. m. § 95d Abs. 3 S. 6 SGB 5 ist die Zulassung des Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen, wenn der Vertragsarzt seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.

2. Ein Vertragsarzt, der fünf Jahre seiner Fortbildungsverpflichtung nicht oder nur unzureichend nachkommt, verweigert sich hartnäckig der Fortbildungsverpflichtung und verletzt seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich.

3. Für den Tatbestand einer gröblichen Pflichtverletzung i. S. des § 95 Abs. 6 SGB 5 ist nicht erforderlich, dass den Vertragsarzt ein Verschulden trifft.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 13.02.2019; Aktenzeichen B 6 KA 20/18 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. De Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 7) mit Ausnahme der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 6), die diese selbst tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung wegen Verletzung der Verpflichtung zum Nachweis der Fortbildung.

Der im Jahr 1949 geborene Kläger ist praktischer Arzt und war seit dem 00.00.1992 in E zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Unter dem 19.03.2009 wies die Beigeladene zu 7) den Kläger darauf hin, dass er bis zum 30.06.2009 einen Fortbildungsnachweis in einem Umfang von 250 Punkten zu erbringen habe.

Mit Schreiben vom 25.11.2009 wies die Beigeladene zu 7) den Kläger darauf hin, dass der Fortbildungsnachweis nicht erbracht sei und er mit einer Honorarkürzung in Höhe von 10 % rechnen müsse.

Mit Schreiben vom 21.03.2011 wies die Beigeladene zu 7) den Kläger darauf hin, dass ihm wegen unterbliebenen Fortbildungsnachweises nunmehr eine Honorarkürzung in Höhe von 25 % drohe.

Unter dem 25.11.2009 beantragte die Beigeladene zu 7) gegenüber dem Zulassungsausschuss für Ärzte in E, dem Kläger gemäß § 27 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe seine vertragsärztlichen Pflichten durch bewusste Umgehung gröblich verletzt. Danach hätten in den Quartalen III/2009 bis I/2011 Honorarkürzungen stattgefunden. In einem ergänzenden Schreiben vom 06.08.2014 wies die Beigeladene zu 7) darauf hin, dass sie gegen den Kläger mit Beschluss vom 11.07.2012 eine Geldbuße in Höhe von 2.500,00 Euro festgesetzt und diesen unter dem 10.07.2014 auf den drohenden Zulassungsentzug hingewiesen habe. Der Kläger habe weder dazu Stellung genommen noch den Fortbildungsnachweis erbracht. Ihr Vertrauen in ein vertragskonformes Verhalten sei erheblich gestört, eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger sei ihr nicht zumutbar.

Unter dem 11.07.2014 erhielt der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme.

Im Rahmen der Sitzung des Zulassungsausschusses für Ärzte in E am 30.10.2014 erklärte der Kläger, dass er gewillt sei, sich in das System einzuordnen. Die Ursachen der unterbliebenen Fortbildung seien in Belastungen des Praxisalltags zu sehen. Darüber hinaus hätten im Jahr 2005 ein Wohnungsbrand, Rohrbrüche und ein Einbruch in dem Lager stattgefunden, in dem sich seine Fortbildungsunterlagen befunden hätten. Im Übrigen sei er der Annahme gewesen, dass die Fortbildungsnachweise automatisch an die Beigeladene zu 7) weitergeleitet würden. Der Kläger legte nunmehr Fortbildungsnachweise in einem Umfang von 30 Punkten vor.

Mit Beschluss vom 25.11.2014 entzog der Zulassungsausschuss für Ärzte E dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Er stellte darauf ab, dass der Kläger für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit gemäß § 21 Ärzte-ZV ungeeignet sei. Stichtag für den Nachweis, dass er seiner Fortbildungsverpflichtung nachgekommen sei, sei der 30.06.2009 gewesen. Auch mehr als fünf Jahre später habe der Kläger diesen Nachweis aber nicht erbracht.

Der Kläger erhob am 26.11.2014 Widerspruch.

Im Rahmen der Sitzung des Beklagten am 18.03.2015 zeigte sich der Kläger erneut einsichtig. Er legte ein Fortbildungskonto der Ärztekammer Nordrhein mit einem Stand von 239 Punkten für die Zeit von 2009 bis zum 01.02.2015 vor.

Mit Beschluss vom selben Tag, als Bescheid ausgefertigt am 08.04.2015, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Beklagte nahm Bezug auf § 95d Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V). Dieser konkretisiere den besonderen Grund der gröblichen Pflichtverletzung des § 95 Abs. 6 SGB V. Maßgebend sei, dass der Kläger für den Zeitraum 2009 bis 2014 keine Nachweise erbracht habe, Honorarkürzungen von erheblichem Gewicht vorgenommen worden seien und eine Disziplinarmaßnahme erfolgt sei. Schwierige private Lebensumstände entbänden Vertragsärzte nicht von ihren vertragsärztlichen Pflichten. Gegebenenfalls wäre der Vertragsa...

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