Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweislast für die ordnungsgemäße Durchführung eines Beitragserstattungsverfahrens

 

Orientierungssatz

1. Aufgrund einer durchgeführten Beitragserstattung wird das zuvor bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nach § 210 Abs. 6 SGB 6 bzw. § 1303 Abs. 7 RVO nicht mehr. Eine Erstattung kann nur insgesamt und nicht teilweise beansprucht werden.

2. Eine rechtswirksame Beitragserstattung setzt voraus, dass nachweislich ein Erstattungsantrag, ein wirksamer Erstattungsbescheid und eine rechtswirksame, befreiende Bewirkung der Leistung vorliegen.

3. Ist der Zugang des Erstattungsbescheides und der Eingang des Erstattungsbetrags nicht durch Urkunden belegt, so gelten die Beweisregeln des ersten Anscheins. Diese besagen, dass bei typischen Geschehensabläufen auf eine Tatsache geschlossen werden kann, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig Folge eines solchen Geschehensablaufes ist. Ist ein Beitragserstattungsverfahren aktenkundig dokumentiert und besteht kein konkreter Anlass zu zweifeln, dass der verfolgte Zweck auch erfüllt worden ist, so darf regelmäßig auf ein ordnungsgemäß durch Bewirken der Leistung abgeschlossenes Verfahren geschlossen werden.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 27.1.2010 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist Regelaltersrente.

Der 00.00. 1939 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger und lebt in Marokko. Vom 21.11.1964 bis zum 30.11.1976 war er in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt, zunächst bis zum 30.6.1970 im deutschen Steinkohlenbergbau, anschließend vom 23.7.1970 bis zum 30.11.1976 als Rangierarbeiter bei der damaligen Deutschen Bundesbahn. Später war der Kläger wohl noch kurzzeitig (vom 16. bis 27.5.1977) bei der Firma J GmbH & Co. KG in I als Arbeiter in der Abteilung Hackenbau beschäftigt. Am 26.5.1977 meldete der Kläger sich beim marokkanischen Generalkonsulat in Düsseldorf nach Marokko ab, unter dem 27.5.1977 wird diese Abmeldung in einer Abmeldebescheinigung der Stadt I bestätigt. Das Ausreisedatum "27.5.1977" ist auch im Pass des Klägers vermerkt. Seither lebt der Kläger wieder in Marokko.

Mit dem Ausscheiden bei der Deutschen Bundesbahn zum 30.11.1976 beantragte der Kläger dort die Erstattung der zur Zusatzversorgung bei der Bahn entrichteten Beiträge. Auf diesen Antrag entschied die damals zuständige Bahnversicherungsanstalt (BVA), dass ihm 90 % der aus eigenen Mitteln geleisteten Beiträge (insgesamt 1.425,60 DM) zu erstatten seien, weil er aus den Diensten der Deutschen Bundesbahn ohne Rentenberechtigung (betreffend eine Betriebsrente) ausscheide (Bescheid vom 15.4.1977). Dieser Betrag wurde dem Kläger wunschgemäß nach Marokko überwiesen.

Die Bundesknappschaft bestätigte dem Kläger am 24.5.1977 an seine damalige Anschrift in I, dass sie ihm keine Leistungen der medizinischen oder beruflichen Rehabilitation gewährt habe. Mit Antrag vom 31.5.1977 stellte der Kläger bei der BVA Düsseldorf einen "Antrag auf Beitragserstattung aus der Rentenversicherung der Arbeiter". Das Antragsformular weist den Aufdruck "Forderung abgetreten" auf. Als Vertreter des Versicherten ist (ebenfalls durch Stempelaufdruck) ein "Q U, vereidigter Dolmetscher, 7 T1, Gymnasiumstr. 31 B, Telefon 295007" vermerkt.

Dem Antrag beigefügt waren eine Vollmacht und Zustellungsvollmacht für Herrn Q U aus T mit notariell beglaubigter, vor den Augen des Notars eigenhändig vollzogener Unterschrift des Klägers vom 25.5.1977 und eine Abtretungsanzeige vom 31.5.1977, aus der sich ergibt, dass der Kläger die Erstattungsforderung in Höhe von 14.751,00 DM zur Sicherung eines Darlehens an die Teilzahlungsbank T VOBA Finanzierungs GmbH & Co. KG, 8440 T, Rot-Kreuz-Platz 3, abgetreten hat, und die BVA unwiderruflich anweist, alle Zahlungen schuldbefreiend nur auf das Konto des Abtretungsgläubigers zu überweisen.

Ebenfalls am 31.5.1977 hat der Kläger einen Barkreditantrag auf Zahlung eines Darlehens in Höhe von 14.751,00 DM an die Teilzahlungsbank T gerichtet. Von diesem Betrag, so heißt es im Antrag, seien eine Pauschalabgeltung in Höhe von 1.401,00 DM und eine Vermittlungs- und Bearbeitungsgebühr in Höhe von 810,00 DM abzuziehen, der Restbetrag von 12.540,00 DM sei an ihn auszuzahlen. Beigefügt war eine vom Kläger am gleichen Tag unterzeichnete, an die BVA gerichtete Zahlungsanweisung, nach der die Vermittlungs- und Bearbeitungsgebühr in Höhe von 810,00 DM an Herrn Q U, Dolmetscher- und Übersetzungsbüro, 7 T 1, Firnhaberstr. 5a, und der Auszahlungsbetrag von 12.540,00 DM an ihn selbst auf sein Konto bei der Stadtsparkasse I zu zahlen seien. Aus einem in Ablichtung bei den Akten befindlichen telegraphischen Überweisungsauftrag vom 31.5.1977 ergibt sich, dass der Betrag von 12.540,00 DM über die Landeszentralbank T an den Kläger auf das ...

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