Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewaltopferentschädigung. Schönheitsoperation. Kunstfehler. unzureichende/falsche Aufklärung. erschlichene Einwilligung. Anspruch nach dem Opferentschädigungsgesetz nach Schönheitsoperation mit mangelhafter ärztlicher Aufklärung. sozialgerichtliche Beteiligungsfähigkeit eines Landschaftsverbandes in Nordrhein-Westfalen
Orientierungssatz
Ein Anspruch auf Opferentschädigung nach § 1 Abs 1 S 1 OEG wegen der in Folge einer Schönheitsoperation erlittenen gesundheitlichen Schädigung kommt dann in Betracht, wenn in Kenntnis einer durch vorsätzlich unzureichenden und falschen Aufklärung erschlichenen Einwilligung operiert wurde.
Normenkette
OEG § 1 Abs. 1 S. 1; SGG § 70 Nr. 1, § 71 Abs. 3, 5; StGB §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 5
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 21.12.2006 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren zu 6/10.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Anerkennung von Schädigungsfolgen nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) hat.
Die am 00.00.1954 geborene Klägerin ließ sich im Jahre 2000 zwei Mal vom Gynäkologen Dr. B operieren. Es handelte sich um kosmetische Eingriffe in Form einer Fettabsaugung am 13.01.2000 und der operativen Korrektur einer Fettschürze verbunden mit einer weiteren Fettabsaugung am 20.06.2000. Zum Zeitpunkt der Operationen litt die Klägerin an einer Koronarinsuffizienz, Bluthochdruck, einer Lungeninsuffizienz, einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus sowie einer Darmerkrankung. Nach dem ersten Eingriff im Januar 2000 traten bei der Klägerin Komplikationen in Form von Nachblutungen und Kreislaufproblemen auf. Trotzdem entließ B. die Klägerin gegen deren Willen aus seiner ärztlichen Obhut. In der Folge entwickelte sich unter anderem ein großer Bluterguss im Bauchfettgewebe, welcher schließlich aufplatzte und zu einem 5 x 5 cm großen Hautdefekt führte. Am 20.06.2000 versuchte B. mittels der zweiten Operation eine Korrektur der bestehenden Fettschürze bei der Klägerin vorzunehmen und saugte weiteres Fett ab. Auch nach diesem Eingriff kam es zu erheblichen Komplikationen. Die Klägerin wurde auf eigenen Wunsch in das Universitätsklinikum B1 verbracht. Dort verblieb sie mehrere Wochen und musste sich einer Revisionsoperation unterziehen, bei der unter anderem abgestorbenes Gewebe entfernt wurde. Danach befand sie sich noch drei Wochen in stationärer medizinischer Rehabilitation. Das Landgericht Aachen verurteilte B. wegen des operativen Eingriffs vom 13.01.2000 wegen vorsätzlich gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 5 Strafgesetzbuch (StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 6 Monaten sowie zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten für den zweiten Eingriff vom 20.06.2000 (rechtskr. Urteil vom 17.07.2002 - 61 KLs /42 Js 1109/00 -). Wegen dieser Taten und weiterer zahlreicher zum Nachteil anderer Patienten in ähnlicher Weise begangener Delikte wurde eine Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren gebildet.
Am 22.11.2003 beantragte die Klägerin beim Versorgungsamt B1 Entschädigungsleistungen nach dem OEG. Das Versorgungsamt zog daraufhin das Strafurteil des Landgerichts vom 17.07.2002 bei. Anschließend lehnte es mit dem angefochtenen Bescheid vom 09.01.2004 den Antrag ab. Zwar habe das Landgericht den B. auf Grund der an der Klägerin vorgenommenen Eingriffe wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Dennoch lägen die Voraussetzungen für eine Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz nicht vor. § 1 OEG verlange einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff. Unter einem solchen Angriff sei ein Einwirken in feindseliger Willensrichtung zu verstehen, der unmittelbar auf den Körper des Angegriffenen ziele. Hierfür sei erforderlich, dass dem Verhältnis des Täters zu seinem Opfer objektiv eine feindselige Tendenz innewohne. Das OEG bezwecke ausschließlich die Entschädigung von Kriminalitätsopfern, die vom Staat trotz des von diesem in Anspruch genommenen Gewaltmonopols im Einzelfall nicht ausreichend geschützt werden könnten. Der Staat schütze seine Bürger vor Kriminalität durch seine Polizeikräfte. Nur wenn dieser Polizeischutz im Einzelfall versage, greife das OEG ein. Vorliegend handele es sich um einen mehrfachen Kunstfehler des B., der naturgemäß nicht durch den polizeilichen Schutz gedeckt sei, so dass es an einer feindseligen Tendenz im Sinne des OEG fehle. Den hiergegen eingelegten, aber nicht begründeten Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung Münster (Abteilung 00 - Landesversorgungsamt) mit Bescheid vom 22.06.2004 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 21.07.2004 fristgerecht Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, die operativen Eingriffe des B. stellten vorsätzliche, rechtswidrige tä...