Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Betriebs- und Heizkostennachzahlung nach Jahresabrechnung. Fälligkeit. einmaliger Unterkunftsbedarf oder Darlehen für Mietschulden. Abschlag für Warmwasserbereitung
Orientierungssatz
1. Nachforderungen auf Mietneben- und Heizkosten, die trotz ordnungsgemäßer Zahlung der vertraglich vereinbarten monatlichen Vorauszahlungen entstehen und vom Vermieter geltend gemacht werden, sind grundsätzlich als gegenwärtiger Bedarf iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 anzusehen und nicht etwa als Schulden nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs 5 SGB 2 zu übernehmen.
2. Nachforderungen auf Mietneben- und Heizkosten wandeln sich nicht in Mietschulden nach § 22 Abs 5 SGB 2 um, wenn der Hilfebedürftige mit der Erfüllung der Nachforderung in Verzug ist.
3. Die Angemessenheit der Betriebskosten als Teil der Aufwendungen für die Unterkunft setzt einerseits eine mietvertragliche Vereinbarung voraus, dass die Nebenkosten auf den Mieter umgelegt werden dürfen und andererseits die zivilrechtliche Wirksamkeit einer derartigen mietvertraglichen Vereinbarung.
4. Die Kosten der Warmwasserbereitung sind keine Kosten für Unterkunft und Heizung iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB 2, sondern als Kosten der Haushaltsenergie iS von § 20 Abs 1 SGB 2 aus der pauschal gewährten Regelleistung, die nicht erhöht werden kann, zu decken.
5. Werden die Kosten der Warmwasserbereitung vom Vermieter nicht über technische Einrichtungen konkret erfasst, so sind für Warmwasserbereitung nur die in den Regelleistungen für die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft enthaltenen aktuellen Anteile von den Unterkunftskosten in Abzug zu bringen (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R = BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5). Der vom Vermieter in der Heizkostenabrechnung zu Grunde gelegte Abrechnungsmodus ist insofern nicht maßgebend.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.04.2008 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 14.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.10.2007 verurteilt, den Klägern auf die Heiz- und Nebenkostenabrechnung vom 21.03.2007 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 976,00 Euro zu gewähren und diesen Betrag an den Vermieter der Kläger auszuzahlen.
Die Berufung wird im Übrigen zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1) bis 9) für beide Rechtszüge zu 7/10.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme einer Betriebs- und Heizkostennachforderung für das Kalenderjahr 2006 streitig.
1. Die Kläger bilden eine neunköpfige Familie. Der am 00.00.1965 geborene Kläger zu 1) und die am 00.00.1970 geborene Klägerin zu 2) sind erwerbsfähig und Eltern der Kläger zu 3) bis 9), die am 00.00.1990, 00.00.1991, 00.00.1995, 00.00.1996, 00.00.1999, 00.00.2002 sowie 00.00.2006 geboren sind. Zusammen bewohnen sie eine 114 m² große 5-Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus (Gesamtwohnfläche 911 m²) in T. Für diese Wohnung hatten die Kläger zu 1) und 2), die gemeinsam Vertragspartner des Mietvertrages sind, nach § 4 des am 13.11.2003 geschlossenen Wohnungsmietvertrages im Jahre 2006 547,20 Euro Kaltmiete, 20,00 Euro für die Nutzung einer Garage und 228,00 Euro Vorauszahlung auf die Betriebs- und Heizkosten monatlich an ihren Vermieter zu zahlen. Zu den Betriebskosten ist in § 4 ("Miete und Betriebskosten") des Formularmietvertrages vereinbart: "Abzurechnende Vorauszahlung auf die Betriebskosten gemäß § 27 II. Berechnungsverordnung".
Nach einer von den Klägern eingereichten Mietbescheinigung ihres Vermieters vom 23.06.2006 waren in der Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung Kosten für die Warmwasserbereitung enthalten. Ab dem 01.01.2007 erhöhten sich die Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen nach einer Mietbescheinigung vom 31.12.2006 auf monatlich 285,00 Euro.
2. Die Kläger beziehen seit dem 01.01.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
a) Im gesamten Jahr 2006 gewährte die Beklagte Leistungen unter Anerkennung der tatsächlichen Kosten für die Kaltmiete (547,20 Euro) und der monatlichen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung von 228,00 Euro (insgesamt monatlich 775,20 Euro: Leistungsbescheide vom 15.12.2005, 08.06.2006 und 22.12.2006).
Mit Bescheid vom 08.11.2006 übernahm die Beklagte eine Betriebs- und Heizkostennachforderung des Vermieters der Kläger für das Kalenderjahr 2005 über 1.211,80 Euro in voller Höhe.
b) Im Jahr 2007 gewährte die Beklagte Leistungen unter Anerkennung der tatsächlichen monatlichen Kaltmiete, monatlicher Nebenkosten von 226,85 Euro (einschließlich Garage: monatlich 20,00 Euro) und monatlicher Heizkosten von 61,09 Euro (insgesamt monatlich 835,14 Euro: Leistungsbescheide vom 10.01.2007, 12.06.2007 und 31.10.2007). Die Beklagte ging dabei davon aus, dass in der monatlichen Betriebs- ...