Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Essen vom 22.8.1996 - L 16 Kr 99/95, das vollständig dokumentiert ist.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz -KSVG- abgabepflichtig ist.
Die Klägerin ist ein Verein zur Pflege des Kölner Brauchtums. Sie führt im Rahmen des Kölner Karnevals öffentliche Veranstaltungen durch. Der Honoraretat für arttypische Auftritte beträgt etwa 30.000,00 DM im Jahr.
Mit Bescheid vom 26. 01. 1994 stellte die Beklagte die Abgabepflicht der Klägerin dem Grunde nach fest. Die Klägerin legte Widerspruch ein und machte geltend: Sie betreibe kein Unternehmen im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes. Ihre Veranstaltungen im Rahmen des Kölner Karnevals seien nur ein Teil ihrer satzungsmäßigen Aufgabe, das Kölner Brauchtum zu pflegen. Sie sei ein gemeinnütziger Verein und dürfe keinen Gewinn erzielen. Wer aber keinen Gewinn erziele, sei kein Unternehmer im Sinne des KSVG. Ein Großteil des Honorars entfalle auf Büttenredner; Büttenredner seien aber keine Künstler. Darüber hinaus sei ihre Heranziehung zur Künstlersozialabgabe mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht vereinbar, weil nur ein verschwindend geringer Anteil der im Kölner Karneval tätigen rein zufällig erfaßt werde; Hunderte von Karnevalsveranstaltungen und Sitzungen würden durch Kirchengemeinden, Firmen und Verbände durchgeführt, um die sich die Beklagte in den 12 Jahren ihres Bestehens nicht habe kümmern können.
Mit Bescheid vom 16. 08. 1994 setzte die Beklagte für die Zeit von 1989 bis 1993 38.337,66 DM als Abgabe aus geschätzten Honoraren fest. Den Widerspruch wies sie mit Bescheid vom 27. 10. 1994 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Auch gemeinnützige Einrichtungen könnten Unternehmer im Sinne des KSVG sein; Theater- und Konzertdirektion sei jeder, der dafür sorge, daß an bestimmter Stelle Theater gespielt oder ein Konzert veranstaltet werde. Die Auftritte von Künstlern, Kabarettisten, Büttenrednern, Sängern und Musikern anläßlich der Karnevalssitzungen seien Theater- und Konzertveranstaltungen im Sinne des KSVG.
Die Klägerin hat rechtzeitig Klage erhoben und vorgetragen: Eine verfassungskonforme Auslegung des § 24 Abs. 1 und 2 KSVG gebiete eine Einschränkung der Abgabepflicht auf professionelle Vermarkter; dazu zähle die Klägerin jedoch nicht. Ein Veranstalter dürfe nur dann zur Finanzierung von Sozialleistungen herangezogen werden, wenn es dafür einen sachorientierten Anknüpfungspunkt in den Beziehungen zwischen den Versicherten und dem Veranstalter gebe. Einen solchen habe das Bundesverfassungsgericht in dem zwischen selbständigen Künstlern und ihren professionellen Vermarktern typischerweise bestehenden integrierten Arbeitszusammenhang und der zwischen diesen bestehenden Verantwortlichkeitsbeziehungen gesehen. Eine solche Verantwortung habe die Klägerin jedoch nicht gegenüber den in Karnevalssitzungen Auftretenden. Sie seien nämlich typischerweise wirtschaftlich nicht schwächer ähnlich einem Arbeitnehmer, weil das Auftreten in Karnevalssitzungen weder für sie noch für die Klägerin Existenzgrundlage sei. Darüber hinaus sei der Gleichheitsgrundsatz verletzt, wenn der Vollzug einer Norm aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits nicht gesichert sei. Die Beklagte habe von den 3.500 im Bund Deutscher Karneval zusammengeschlossenen Vereinen lediglich 50 Gesellschaften herangezogen; von den 95 im Festkomitee des Kölner Karnevals zusammengeschlossenen Gesellschaften würden lediglich 5 erfaßt worden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 26. 01. 1994 und vom 16. 08. 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. 10. 1994 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung im wesentlichen auf den Inhalt ihrer Verwaltungsentscheidungen bezogen.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 05. Mai 1995 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 02. Juni 1995 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt.
Mit Bescheid vom 15. 05. 1996 hat die Beklagte die Künstlersozialabgabe für die Zeit der Abgabepflicht im Jahre 1995 auf 7,50 DM festgesetzt.
Die Klägerin trägt vor: Sie führe 2 Veranstaltungen im Jahr durch. Die Abgabepflicht nach dem KSVG sei auf professionelle Vermarkter zu beschränken, wozu sie nicht gehöre. Jede Verwertung künstlerischer Leistungen werde von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG nicht erfaßt. Soweit in ihren Karnevalsveranstaltungen Künstler aufträten, erfolge dies nur gelegentlich ihrer Aktivitäten aus der Brauchtumspflege. Die weite Auslegung der Beklagten verstoße gegen Art. 3 GG. Es gebe keinen sachlich einleuchtenden Grund für die Abgabe, die weder ihr noch ihrer Gruppe zugute komme, sondern ihr als fremdnützige Abgabe auferlegt werde. Außerdem verstoße gegen Art. 3 GG, daß sie rein zufällig, mithin willkürlich, erfaßt worden sei. Der Vollzug des KSVG werde aufgrund struktureller Defizite nicht gesichert; die ...