Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. Berechnung des Zuschusses zu den ungedeckten angemessenen Unterkunftskosten gem § 22 Abs 7 SGB 2
Orientierungssatz
Mit der Formulierung in § 22 Abs 7 S 1 SGB 2, dass sich der Bedarf nach den entsprechenden Vorschriften des SGB 3 und des BAföG richtet, bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Festlegung des für die Zuschussberechnung maßgeblichen Bedarfes sich gerade nicht nach den Vorschriften des SGB 2, sondern grundsätzlich denen des SGB 3 und des BAföG richten soll. Die in § 22 Abs 7 SGB 2 erwähnten "ungedeckten Kosten der Unterkunft und Heizung" sind damit die durch den SGB III/BAföG-Satz nicht gedeckten Kosten (vgl LSG Darmstadt vom 2.8.2007 - L 9 AS 215/07 ER), ohne dass es auf eine Bedarfsprüfung bzw Einkommensanrechnung nach den Maßstäben des SGB 2 ankommen würde.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.10.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin erstrebt einen höheren Zuschuss zu ihren Unterkunftskosten.
Die am 00.00.1983 geborene Klägerin ist verheiratet und lebt mit ihrem am 00.00.1970 geborenen Ehemann P X sowie ihrem Sohn K in einem Haushalt. Die Familie lebt gemeinsam in einer Mietwohnung, die Miete beträgt einschließlich Betriebskostenvorschuss 743.- EUR monatlich. Die Beklagte bewilligte zunächst der Klägerin und ihrem Ehemann Arbeitslosengeld II sowie dem Sohn Sozialgeld unter vorübergehender Anerkennung der Angemessenheit der - eigentlich überhöhten - Unterkunftskosten.
Die Klägerin absolviert vom 1.9.2006 bis zum 31.8.2009 eine Ausbildung als Verwaltungsangestellte bei der Stadt L. Die Beklagte stellte im Hinblick darauf die Zahlung von Arbeitslosengeld II an die Klägerin ein und bewilligte lediglich Leistungen an den Ehemann und den Sohn.
Am 28.6.2007 beantragte die Klägerin einen Zuschuss zu den Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 7 SGB II, weil sie nicht in der Lage sei, ihren Mietanteil i.H.v. 247.-EUR von ihrem Einkommen aufzubringen. Die Bundesagentur für Arbeit bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 1.9.2006 bis zum 29.2.2008 Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) unter Anerkennung eines Bedarfs i.H.v. 507.- EUR (310.- EUR Grundbedarf zuzügl. 197.- EUR Unterkunftskosten) sowie Anrechnung eines Einkommens aus der Berufsausbildung i.H.v. 525,41 EUR in Höhe von 28.- EUR monatlich.
Mit Bescheid vom 6.8.2007 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 1.7.2007 bis zum 31.12.2007 einen Zuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 50,66 EUR monatlich. Hierbei ging die Beklagte von einem von der Klägerin zu tragenden Mietanteil i.H.v. 247,66 EUR (= 743.- EUR./.3) aus. Davon zog sie den gem. §§ 65 Abs. 1 SGB III, 13 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 BAföG im BAB-Satz enthaltenen Bedarfsanteil für Unterkunft i.H.v. 197.-EUR ab.
Im Widerspruchsverfahren wandte die Klägerin sich gegen diese Berechnungsmethode. Gestützt auf den Beschluss des SG Berlin vom 23.3.2007 - S 37 AS 2804/07 ER - begehrte sie eine Gegenüberstellung ihres Gesamtbedarfes und ihres Gesamteinkommens i.S.d. SGB II. Die Differenz stelle - begrenzt auf die tatsächlich anfallenden Unterkunftskosten - den nach § 22 Abs. 7 SGB II zu zahlenden Zuschussbetrag dar.
Aus dieser Berechnungsmethode resultiert ein höherer Zahlbetrag des Zuschusses zu den Unterkunftskosten: Der Bedarf der Klägerin beträgt ab 1.7.2007 insgesamt 559,66 EUR und setzt sich zusammen aus der Regelleistung von 312.-EUR und den Unterkunftskosten i.H.v. 247, 66. Von diesem Betrag wäre bei Anwendung einer Bedarfsberechnung nach dem SGB II die Ausbildungsvergütung abzusetzen. Diese betrug im Juli 2007 617,34 EUR brutto. Dieser Betrag entspricht einem Nettoeinkommen i.H.v. 495,59 EUR (§ 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 2 SGB II). Von diesem Betrag sind gem. §§ 11 Abs. 2 SGB II, 6 Abs. 1, 2 AlG II-VO folgende Beträge abzuziehen: Erwerbstätigenfreibetrag gem. §§ 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 6, 30 SGB II i.H.v. 103,47 EUR; Freibetrag für Versicherungsbeiträge gem. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, S. 3 SGB II sowie weitere Abzüge gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 AlG II-VO i.H.v. 105,27 EUR , insgesamt 208,74EUR, so dass ein anzurechnendes Einkommen i.H.v. 286,85 EUR verbleibt. Dieser Betrag liegt unterhalb der Regelleistung, so dass der Klägerin der gesamte Bedarf an Unterkunftskosten als Zuschuss zu zahlen wäre.
Zum Beleg Ihrer Rechtsauffassung berief die Klägerin sich auf ein im Rahmen eines Petitionsverfahrens erstelltes Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) vom 29.8.2007, in dem die Berechnungsmethode der Beklagten als "rechtsfehlerhaft" bezeichnet wird.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2007 änderte die Beklagte den Beginn der Bewilligung auf den 28.6.2007. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 18.12.2007 erhobene Klage. Die Klägerin hat sich weiterhin auf...