nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Münster (Entscheidung vom 06.05.2002; Aktenzeichen S 8 (15) EG 6/00)

 

Nachgehend

BSG (Aktenzeichen B 10 EG 13/03 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 06. Mai 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Erziehungsgeld für die Betreuung des am 00.00.1997 geborenen Sohnes K der Klägerin.

Die Klägerin ist niederländische Staatsangehörige. Sie lebte mit ihrem Ehemann, einem deutschen Staatsangehörigen, im Anspruchszeitraum in den Niederlanden. Der Ehemann der Klägerin war auch dort beschäftigt. Die Klägerin selbst übte bis zur Geburt des Kindes bzw. bis zum Beginn des Mutterschutzes abhängige Beschäftigungen sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland aus. Im Anschluss an den Mutterschutz war sie ausschließlich in Deutschland bei der Firma U Konfektions GmbH in C beschäftigt, wobei die Wochenarbeitszeit im ersten Lebensjahr des Kindes zwischen 3 und 14 Stunden und der wöchentliche Verdienst zwischen 40,00 und 168,87 DM schwankte; wegen der genauen Beschäftigungszeiten und Verdienste wird Bezug genommen auf die Auskunft der Firma U GmbH vom 17.06.2003 (Bl. 172 ff. Gerichtsakten).

Mit Bescheid und Widerspruchsbescheid vom 05.06.1998/27.01.2000 lehnte das beklagte Land den Antrag der Klägerin vom 02.06.1998 auf Gewährung von Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr von K ab, weil diese weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe. Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) seien nicht erfüllt, weil sie in der Bundesrepublik Deutschland nicht in einem Arbeitsverhältnis von mindestens 15 Stunden gestanden habe. Schließlich sei auch nach der VO (EWG) Nr. 1408/71 ein Anspruch nicht gegeben, da die Klägerin, weil sie in Deutschland nur geringfügig beschäftigt war, keine Arbeitnehmerin im Sinne dieser Verordnung sei.

Mit der zum Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klage hat die Klägerin insbesondere vorgetragen, § 1 Abs. 4 BErzGG diskriminiere Frauen, weil diese häufig geringfügig beschäftigt seien. Dies widerspreche auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Das SG hat mit Urteil vom 06.05.2002 die Klage abgewiesen: § 1 Abs. 4 Nr. 1 BErzGG verstoße nicht gegen das Grundgesetz (GG), weil die Ungleichbehandlung geringfügig Beschäftigter sachlich vertretbar sei. Das Erfordernis einer Mindestarbeitszeit von 15 Stunden wöchentlich diene dazu, eine hinreichend enge Verbindung mit Deutschland zu gewährleisten, wenn diese nicht über den Wohnort gegeben sei. Darüber hinaus solle verhindert werden, dass jede noch so geringfügige Arbeit zum Anspruch auf volles Erziehungsgeld führe. Eine gegebenenfalls vorliegende indirekte Ungleichbehandung von Frauen sei zulässig, weil sie durch objektive Gründe gerechtfertigt sei und nichts mit einer Diskriminierung wegen des Geschlechts zu tun habe.

Ein Erziehungsgeldanspruch der Klägerin folge auch nicht aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften.

Insbesondere ergebe sich kein Anspruch aus der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vom 14.06.1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO (EWG) Nr. 1408/71). Die Klägerin falle nicht in den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung. Sie sei keine Arbeitnehmerin im Sinne des Artikel 1 lit. a). Zwar erfülle sie die Voraussetzung des Artikel 1 lit. a) Nr. i. Die verschiedenen Definitionen der Nrn. i bis iv stünden jedoch mit den begehrten Leistungen in einem Rechtsfolgenzusammenhang. Bezüglich des Erziehungsgeldes richteten sich die Anforderungen nach Artikel 1 lit. a) Nr. ii), mithin nach Anhang I lit. C (Deutschland) lit. a), wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits in den verbundenen Rechtssachen C-4/95 und C-5/95 entschieden habe. Danach sei Arbeitnehmer für den Bezug der Familienleistung Erziehungsgeld nur derjenige, der für den Fall der Arbeitslosigkeit pflichtversichert sei oder im Anschluß an diese Versicherung Krankengeld oder entsprechende Leistungen erhalte. Diese Voraussetzungen träfen auf die Klägerin nicht zu, weil sie gemäß § 27 Abs. 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) versicherungsfrei gewesen sei, denn sie sei gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) lediglich geringfügig beschäftigt gewesen.

Auch Artikel 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 vom 15.10.1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft begründe keinen Anspruch auf Erziehungsgeld. Gemäß Artikel 7 Abs. 2 dieser Verordnung könne sich die Klägerin lediglich darauf berufen, in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie inländische Arbeitnehmer zu genießen. Sie werde aber hinsichtlich des Erziehungsgeldes...

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