Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.06.2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch des zweiten Rechtszuges zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Versorgung mit einer Braillezeile.
Die am 00.00.1951 geborene Klägerin ist Versicherte der Beklagten. Sie ist nahezu erblindet. Sie hat das Lesen der Blindenschrift gelernt. Sie ist mit einem Gerät zur Umwandlung von Schwarzschrift in die synthetische Sprache als Hilfsmittel versorgt (Bescheid vom 24.04.2001). Augenärztin Dr. X aus L verordnete eine Braillezeile als Zusatzelement zum Lese-Sprechsystem (09.09.2002). Bei einer Braillezeile handelt es sich um ein Zusatzdisplay zum PC, auf dem ein vom PC per Scanner eingelesener Text in vibrierenden Blindenschriftzeichen wiedergegeben wird, die der Blinde ertasten kann. Die Beklagte lehnte die Versorgung ab (Bescheid vom 12.12.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2003).
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, erst durch die Braillezeile erfolge der Behinderungsausgleich im Sinne eines Basisausgleiches. Nur so werde ihr elementares Grundbedürfnis, Texte eigener Wahl aktiv lesen und erarbeiten zu können, erfüllt. Auch seien bestimmte Texte ausschließlich mit der Hilfe der Braillezeile zu erfassen. Sie könne dann auch Schwarzschrifttexte unmittelbar lesen und erhalte so im Sinne von Information, Teilhabe und Auseinandersetzung einen ungefilterten Zugang zur Medienlandschaft.
Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten.
Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Klägerin mit einer Braillezeile in 44-stelliger Ausführung zusätzlich zu der bereits geleisteten Lese-Sprecheinrichtung zu versorgen (Urteil vom 30.06.2003 in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 20.10.2003). Das SG folge uneingeschränkt der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 16.02.1998, B 3 KR 6/97 R.
Zur Begründung ihrer Berufung vertritt die Beklagte die Auffassung, der Behinderungsausgleich bei Blindheit beschränke sich auf die Befriedigung des Grundbedürfnisses Lesen im Allgemeinen. Es sei nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, die Wahrnehmungsqualität und somit die Informationsdichte auf ein Maximum zu verbessern.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.06.2003 zu ändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die mündliche Verhandlung zu vertagen und einen neuen Termin anzuberaumen, in dem sich der Senat und die Beteiligten die Funktionen einer Braillezeile und eines Sprech-Lesegerätes von einem Sachverständigen vorführen lässt, um festzustellen, ob die Braillezeile im Verhältnis zum Sprech-Lesegerät einen derartigen Vorteil bietet, dass auf Seiten der Klägerin ein entsprechender Versorgungsanspruch besteht.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung des Sozialgerichts. Auch nach dem heutigen Stand der Technik seien die Lese-Sprechsysteme nicht so ausgereift, dass mit ihnen die Wiedergabe von anderem als vollzeiligem Schriftgut möglich sei. Sie überreicht Gutachten des Leiters des Bereichs Hilfsmittel und Informationstechnologie der Deutschen Blindenstudienanstalt L T aus N vom 06.10.2003.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Beiziehung des in der Streitsache des erkennenden Senats L 2 KR 14/04 erstatteten Gutachtens des Sachverständigen X L, Fachberater und Trainer für Informations- und Kommunikationssystem für Blinde und stark Sehbehinderte aus Metten vom 10.12.2004 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 12.02.2005.
Für die Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, die Klägerin mit einer Braillezeile in 44-stelliger Ausführung zusätzlich zu der bereits geleisteten Lese-Sprecheinrichtung zu versorgen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Versorgung mit einer Braillezeile vom Typ "Info - Braille - 44".
Nach § 33 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - SBG V - in der Fassung des Gesetzes vom 19.06.2001 (BGBl I 2000 S 1046) und Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl. I 2003, 2190) haben Versicherte einen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen (Erforderlichen) nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtsc...