rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 02.09.1996; Aktenzeichen S 23 (19) V 303/93)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.09.1996 abgeändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob dem Kläger Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz - OEG - zustehen.

Der 1962 geborene Kläger besuchte am 29.07.1991 die Gaststätte "Zum K." in D. Anwesend war u.a. auch der 1963 geborene K. B. (KB), ein Arbeitskollege des Klägers.

Kurz nach Mitternacht wurde der Kläger durch einen Schlag des KB verletzt. Die Einzelheiten des Geschehensablaufs werden vom Kläger und von KB unterschiedlich dargestellt.

Der Kläger wurde mit einem Krankenwagen zunächst ins St ...-Krankenhaus in D ... gebracht und von dort ins K ... R ... überwiesen (Aufnahme am frühen Morgen des 30.07.1991). Hier wurde er bis zum 09.08.1991 stationär behandelt. Es wurde eine Jochbein- und Orbitabodenfraktur diagnostiziert, die operativ behandelt wurde.

KB suchte am 30.07.1991 das St. V ...-Krankenhaus in D ... auf und gab an, bereits am Vortag im Rahmen einer Schlägerei verletzt worden zu sein. Wegen der anamnestischen und diskreten klinischen Hinweise auf ein stumpfes Bauchtrauma sowie eine Commotio cerebri (Gehirnerschütterung) wurde er stationär zur neurologischen und klinischen Überwachung aufgenommen und am 01.08.1991 entlassen.

Am 12.08.1991 erstattete der Kläger Strafanzeige gegen KB wegen Körperverletzung. Er trug vor, er habe am Abend des 29.07.1991 in der Gaststätte "Zum K." in D. KB getroffen. Man habe gemeinsam "einige Glas Bier" getrunken. Kurz nach Mitternacht habe er neben KB am Tresen gesessen. Ohne Grund und ohne Vorwarnung habe KB ihm ins Gesicht geschlagen.

KB gab im Ermittlungsverfahren an, man habe zusammen in der Gaststätte Bier getrunken. Später habe man sich gegenseitig beschimpft und beleidigt. Plötzlich habe der Kläger auf ihn eingeschlagen und zwar zunächst in den Magen und dann vor die Stirn. Daraufhin habe er seinerseits den Kläger zu Boden geschlagen.

Die Staatsanwaltschaft Bochum - Az.: 55 Js 1664/91 - stellte das Verfahren am 25.09.1991 ein mit der Begründung, dass die Strafverfolgung nicht in öffentlichem Interesse liege, weil es sich um eine Auseinandersetzung zwischen Bekannten in einer Gaststätte gehandelt habe.

Auf die vom Kläger gegen KB erhobene Klage hin verurteilte das Landgericht Bochum - Az.: 1 O 348/92 - KB, an den Kläger Schadensersatz einschließlich Schmerzensgeld zu zahlen. In den Entscheidungsgründen ist im wesentlichen ausgeführt, dass KB für die behauptete Notwehrsituation die volle Darlegungs- und Beweislast trage und er hierfür keinen Beweis angeboten habe.

Im August 1991 beantragte der Kläger auf Veranlassung der Beigeladenen, ihm Leistungen nach dem OEG zu gewähren. Zur Begründung seines Antrags reichte er u.a. Ablichtungen seiner Strafanzeige vom 08.08.1991 sowie des Urteils des Landgerichts Bochum vom 20.08.1992 (Niederschrift und Tenor) ein.

Nach Beiziehung der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Bochum lehnte es der Beklagte ab, dem Kläger Leistungen nach dem OEG zu gewähren. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, dass ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff nicht nachgewiesen sei. Der Verlauf der Auseinandersetzung sei nicht mehr vollständig aufzuklären. Es sei nicht auszuschließen, dass KB in Notwehr gehandelt habe (Bescheid vom 10.12.1992 und Widerspruchsbescheid vom 17.06.1993).

Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger weiterhin begehrt, ihm Leistungen nach dem OEG zu gewähren. Zur Begründung hat er im wesentlichen seine anlässlich der Strafanzeige und des Verfahrens vor dem Landgericht Bochum gemachten Angaben wiederholt und vertieft. Er hat weiterhin behauptet, dass er keinerlei Anlass für den Angriff des KB gegeben habe. Er sei ohne Vorwarnung von KB angegriffen und niedergeschlagen worden. Er selbst habe KB nicht geschlagen. Unter Hinweis auf das Urteil des Landgerichts Bochum vom 20.08.1992 hat er die Auffassung vertreten, für eine etwaige Notwehrsituation des KB sei der Beklagte wie auch für die Ausschließungsgründe gemäß § 2 OEG beweispflichtig.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 13.05.1992 ud 10.12.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.1993 zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des schädigenden Ereignisses vom 29./30.07.1991 gemäß dem mit Datum vom 27.05.1992 gestellten Antrag Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene hat sich dem Antrag des Klägers angeschlossen.

Der Beklagte hat gemeint, dass sich der Kläger nicht auf das im Zivilverfahren ergangene Urteil berufen könne. Dort habe KB die Notwehrsituation beweisen müssen. Hingegen habe der Kläger im Sozialgerichtsverfahren alle Anspruchsvoraussetzungen, mithin auch die Rechtswidrigkeit des Angriffs nachzu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge