Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Betriebskosten für das Hausgrundstück. Kanalanschlussgebühren nach Erneuerung der Anschlusskanäle. Subsumtion des Kostenersatzanspruchs der Kommune unter dem Begriff der öffentlichen bzw Kommunalabgabe. Leistungen für Unterkunft und Heizung. Erhaltungsaufwand. Erneuerung von Anschlusskanälen
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird die Angemessenheitsgrenze nicht überschritten, sind im Alg II-Bezug stehende Eigentümer, deren selbst genutztes Hausgrundstück zum Schonvermögen zählt, gegen nicht vermeidbare öffentliche Belastungen wie Straßenbaubeiträge oder Kosten bezüglich von Anschlussgebühren zu schützen.
2. Bei den gem. § 10 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) in Verbindung mit der Entwässerungssatzung sowie der Beitragssatzung zur Entwässerungssatzung des Wohnorts der Kläger festgesetzten und erhobenen Kosten für die Erneuerung von Anschlusskanälen handelt es sich um einen Kostenersatz, der wie eine sonstige öffentliche Abgabe i.S.v. § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 der Verordnung zu § 82 SGB XII (VO zu § 82 SGB XII) zu werten ist und daher zu den vom Grundsicherungsträger in angemessener Höhe zu tragenden Kosten der Unterkunft zählt. Eine Unterscheidung zwischen werterhaltendem und wertsteigerndem Erneuerungsaufwand ist im Hinblick auf die Regelung des § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VO zu § 82 SGB XII nicht geboten.
Orientierungssatz
Bei den von einer Stadt in Rechnung gestellten Kosten für die Erneuerung und Ausbesserung der Kanalanschlüsse eines selbst genutzten Hausgrundstücks handelt es sich grundsätzlich um berücksichtigungsfähige Betriebskosten bzw tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2. Der diesbezüglich in Nordrhein-Westfalen bestehende Kostenersatzanspruch der Kommunen kann unter dem Begriff der öffentlichen Abgabe iS des § 7 Abs 2 S 1 Nr 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB 12 (juris: BSHG§76DV) subsumiert werden.
Normenkette
SGB II § 22 Abs. 1; SGB XII § 82; DVO BSHG § 7 Abs. 2 S. 1 HS 2; KAG NRW § 10
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.03.2009 wird zurückgewiesen
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Instanzen zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren von der Beklagten noch die Übernahme von Kosten als Zuschuss, die für die Erneuerung der Anschlusskanäle betreffend dem Grundstück der Kläger zu 1) und 2) in Höhe von 584,65 Euro angefallen sind.
Der am 00.00.1970 geborene Kläger zu 1) und seine am 00.00.1973 geborene Ehefrau (Klägerin zu 2) sind Eigentümer des mit einem Haus bebauten Grundstücks in E. Dieses Haus bewohnt die insgesamt 11-köpfige Familie des Klägers, wobei zwei Kinder nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören. Die Grundstücksgröße beträgt 390 qm, die Wohnfläche 180 qm. Der Kläger zu 1) steht seit dem 01.03.2009 in einem befristeten Arbeitsverhältnis (bis 28.02.2010). Seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses beziehen die Kläger zu 1) bis 9) keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) mehr. Zuvor standen sie seit 2005 im Leistungsbezug.
Mit Bescheid vom 17.07.2007 gewährte die Beklagte für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.07.2008 dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) sowie den Kindern J (geb. 00.00.1991, Kläger zu 3), T1 (geb. 00.00.1992, Klägerin zu 4) E (geb. 0.00.1995, Kläger zu 5), D (geb. 00.00.1996, Kläger zu 6), T (geb. 00.00.1994, Kläger zu 7), H1 (geb. 00.00.2001, Kläger zu 8) und F (geb. 00.00.2006, Kläger zu 9) Leistungen in Höhe von monatlich 1.545,16 Euro, wobei für die Kinder jeweils Kindergeld in Höhe von 170,67 Euro als Einkommen angerechnet worden ist und für die Hauslasten ein Betrag in Höhe von 525,37 Euro monatlich abzüglich der Mietanteile für N T und H T von jeweils 47,76 Euro berücksichtigt worden ist. Bei den Heizungskosten legte die Beklagte einen Betrag in Höhe von 110,00 Euro abzüglich der Heizkostenanteile von N und H in Höhe von jeweils 10,00 Euro monatlich zugrunde.
Im Bewilligungszeitraum (01.08.2007 bis 31.07.2008) erließ die Beklagte mehrere Änderungsbescheide, so auch unter dem 18.04.2008. Danach gewährte die Beklagte den Klägern für den Monat April 2008 einen Betrag von insgesamt 1.562,99 Euro. Bei den Kosten der Unterkunft legte die Beklagte für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.07.2008 einen Betrag in Höhe von monatlich 517,18 Euro als Hauslasten abzüglich der Mietanteile für N und H in Höhe von monatlich 47,02 Euro zugrunde. Bei den Heizungskosten errechnete die Beklagte einen Betrag in Höhe von monatlich 140,00 Euro abzüglich der Heizkostenanteile von N und H in Höhe von jeweils 12,73 Euro monatlich. Der Betrag für die Hauslasten in Höhe von monatlich 517,18 Euro setzte sich nach der Hauslastberechnung bei selbst bewohnter Immobilie vom 18.04.2008 aus monatlichen Schuldzinsen in Höhe von 329,36 Euro...