Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Wiederaufnahmeklage

 

Orientierungssatz

1. Zuständiges Gericht für eine Wiederaufnahmeklage ist dasjenige Gericht, das zuletzt in der Sache entschieden hat.

2. Zulässigkeitsvoraussetzung einer Wiederaufnahmeklage ist die schlüssige Darlegung eines Wiederaufnahmegrundes, § 179 SGG i. V. m. §§ 579 ff. ZPO.

3. Ist das ermittelte Wiederaufnahmebegehren offensichtlich unzulässig, so ist die Wiederaufnahmeklage zu verwerfen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 30.08.2021; Aktenzeichen B 9 SB 46/21 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.11.2020 aufgehoben.

Die Wiederaufnahmeklage der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26.09.2012 - L 13 SB 262/12 - wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Wiederaufnahme des Verfahrens L 13 SB 262/12, in dem um die Feststellung eines GdB und der gesundheitlichen Voraussetzungen von Merkzeichen gestritten wurde.

Der Bevollmächtigte beantragte für die Klägerin, seine in Usbekistan lebende Mutter, 2010 die Feststellung eines GdB sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen von Merkzeichen. Die Beklagte lehnte den Antrag mangels Wohnsitzes der Klägerin in Deutschland ab. Nach erfolglosem Vorverfahren (Widerspruchsbescheid vom 24.01.2011) erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf, das die Klage mit Urteil vom 08.05.2012 abwies (S 4 SB 228/11). Das Landessozialgericht NRW wies die von der Klägerin eingelegte Berufung mit Urteil ohne mündliche Verhandlung am 26.09.2012 durch den damaligen Berichterstatter als Einzelrichter zurück (L 13 SB 262/12). Die Beklagte sei für die angegriffene Entscheidung zwar örtlich unzuständig gewesen, wegen § 42 SGB X führe dies aber nicht zur Aufhebung ihrer Entscheidung. Das BSG verwarf eine Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG mit Beschluss vom 19.12.2012 als unzulässig (B 9 SB 83/12 B).

Ab dem 17.06.2020 hat der Bevollmächtigte sich im Namen der Klägerin wiederholt unter Nennung des Aktenzeichens des Verfahrens S 4 SB 228/11 an das Sozialgericht gewandt, die Dauer ebendieses Verfahrens gerügt, mit am 28.10.2020 beim Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2011 beantragt und zudem auf Vorschriften des BEG sowie des BVG verwiesen.

Das Sozialgericht hat Unterlagen des LSG NRW sowie des Versorgungsamtes Hamburg beigezogen, auf den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens S 4 SB 228/11 hingewiesen, das Verfahren neu eingetragen (S 4 SB 1009/20) und nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 16.11.2020 festgestellt, dass das Verfahren S 4 SB 228/11 bzw. nunmehr S 4 SB 1009/20 erledigt sei. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin das damalige Klageverfahren weiterführen wolle. Dieses sei aber rechtskräftig abgeschlossen. Wiederaufnahmegründe seien weder dargetan, noch sonst ersichtlich. Zuständig für die Feststellung der Erledigung des damaligen Verfahrens sei das seinerzeit erkennende Gericht, also das SG Düsseldorf.

Die Klägerin hat gegen den ihrem Bevollmächtigten am 25.11.2020 zugestellten Gerichtsbescheid am 11.12.2020 Berufung eingelegt. Sie nimmt erneut Bezug auf das damalige Klageverfahren, macht ihre Schwerbehinderteneigenschaft geltend und begehrt die Aufhebung der damaligen Bescheide, mit denen die Feststellung eines GdB und der gesundheitlichen Voraussetzungen von Merkzeichen abgelehnt worden ist. Sie trägt außerdem erneut zu Leistungen nach dem BEG und dem BVG vor.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.11.2020 aufzuheben, das Berufungsverfahren L 13 SB 262/12 wiederaufzunehmen, das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.05.2012 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Münster vom 24.01.2011 zu verurteilen, bei ihr ab dem 06.09.2010 einen GdB und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen von Merkzeichen festzustellen.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Der Senat hat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 17.02.2021 das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG auf den Berichterstatter übertragen und nach Durchführung eines Erörterungstermins am 26.03.2021, zu dem weder die Klägerin, noch ihr Bevollmächtigter erschienen sind, auf Vorschlag des Berichterstatters mit Beschluss vom 12.04.2021 das Verfahren auf den Senat zurückübertragen.

Der Vorsitzende des Senats hat die Beteiligten zu einem Verhandlungstermin am 25.06.2021 geladen und den Beteiligten die Wahrnehmung des Termins freigestellt. Der Vorsitzende des Senats hat zudem Anträge des Bevollmächtigten auf Fahrtkostenerstattung für eine Terminswahrnehmung und auf Verlegung des Verhandlungstermins - letzteren m...

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