Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung sonstiger Hilfen eines Facharztes für Frauenheilkunde. Sterilisation. Schwangerschaftsabbruch
Orientierungssatz
1. Grundsätzlich besteht nach § 87a Abs. 3 S. 1 SGB 5 kein Anspruch auf eine unbudgetierte Vergütung außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV).
2. Entscheiden sich die Gesamtvertragspartner im Honorarverteilungsvertrag eine extrabudgetierte Vergütung nicht auch für "sonstige Hilfen" eines Facharztes für Frauenheilkunde zu vereinbaren, so kann dies gerichtlich nicht beanstandet werden.
3. Werden "sonstige Hilfen" wie z. B. Sterilisation oder Schwangerschaftsabbruch budgetiert innerhalb der MGV vergütet, so ist hierdurch der Grundsatz der Angemessenheit der vertragsärztlichen Vergütung nicht verletzt. Ein subjektives Recht auf ein höheres Honorar aus § 72 Abs. 2 SGB 5 i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG kommt erst dann in Betracht, wenn in einem fachlichen oder örtlichen Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden und die vertragsärztliche Versorgung gefährdet ist (BSG Urteil vom 11. 12. 2013, B 6 KA 6/13 R).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.05.2016 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Honorarfestsetzung für das Quartal III/2010.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in L niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie beschäftigt eine angestellte Gynäkologin.
Die Vergütung der sogenannten "Sonstigen Hilfen" der Abschnitte 1.7.5 (Empfängnisregelung), 1.7.6 (Sterilisation) und 1.7.7 (Schwangerschaftsabbruch) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für Ärzte (EBM) erfolgte im Quartal III/2010 als dem Regelleistungsvolumen (RLV) unterliegende Leistungen. In den Quartalen IV/2010 und I/2011 erfolgte die Vergütung für diese Leistungen außerhalb des RLV als quotierte Leistung innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV).
Gegen die RLV-Zuweisungsbescheide vom 22.06.2010 für das Quartal III/2010, vom 20.12.2010 für IV/2010 und vom 20.12.2010 für I/2011 legte die Klägerin nach ihrem Vortrag jeweils Widerspruch ein. Diese sind noch nicht beschieden. Die Beklagte hatte in den Bescheiden darauf hingewiesen, dass ein Widerspruch gegen den Quartalsabrechnungsbescheid ausreichend sei. Ein solcher werde zugleich als Widerspruch gegen die Festsetzung des RLV gesehen. Einen Antrag auf Ausgleich eines überproportionalen Honorarverlusts im Quartal IV/2010 vom 04.11.2010 hat die Beklagte mit Bescheid vom 17.06.2011 abgelehnt. Für die Bereiche "kurative Mammographie" und "psychosomatische Grundversorgung" wurden der Klägerin mit Bescheid vom 23.12.2010 qualitätsgebundene Zusatzvolumina (QZV) gewährt.
Mit Abrechnungsbescheid vom 25.01.2011 setze die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal III/2010 auf 116.522,58 EUR fest. Dagegen legte die Klägerin am 17.02.2011 Widerspruch ein mit dem Ziel, die Leistungen der Abschnitte 1.7.5 EBM bis 1.7.7 EBM sämtlich außerhalb der MGV unbudgetiert vergütet zu erhalten. Diese "Sonstigen Hilfen" seien als besonders förderungswürdige Leistungen i.S.v. § 87b Abs. 2 Satz 7 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) anzusehen. Die §§ 24 a und b SGB V seien dem 3. Abschnitt des SGB V zugeordnet. Dass präventive Beratungsleistungen und Untersuchungen der Mengenbegrenzung unterfielen, sei per definitionem ausgeschlossen. Die Eingruppierung in das RLV sei systemwidrig. Gleichfalls legte sie gegen die Abrechnungsbescheide vom 26.04.2011 für IV/2010 (113.569,31 EUR) und vom 26.07.2011 für I/2011 (115.218,44 EUR) Widerspruch ein.
Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2011 zurück. Die Zuweisung des RLV/QZV entspreche den Beschlüssen des (Erweiterten) Bewertungsausschusses. Das RLV umfasse nach dem jeweils geltenden Honorarverteilungsvertrag (HVV) auch die Leistungen aus den Kapiteln 1.7.5 bis 1.7.7.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.10.2011 Klage erhoben mit der Begründung, die seitens der Beklagten errechneten RLV seien rechtswidrig, weil sie gegen die formalen Vorgaben des Gesetzgebers verstießen und die Berechnung der Gesamtvergütung fehlerhaft sei. Zudem stünden die angewandten Berechnungsgrundlagen nach den Beschlüssen des (Erweiterten) Bewertungsausschusses und dem jeweils geltenden HVV der Beklagten nicht im Einklang mit den Vorgaben des Gesetzgebers. Daher seien die auf den RLV basierenden Honorarbescheide rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten. Überdies hätten Leistungen der sogenannten "Sonstigen Hilfen" von der Beklagten nicht in das RLV einbezogen oder quotiert werden dürfen, woraus sich ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide ergebe.
Des Weiteren liege ein Verstoß gegen § 87 b Abs. 1 SGB V vor, da die notwendigen gynäkologischen Grundleistungen einer Mengenausweitung nicht zugängli...