Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Pflegeversicherung. kein Erstattungsanspruch für Reparaturkosten an einem Treppenlifter. Umfang der zu übernehmenden Kosten für ein Pflegehilfsmittel durch Pflegekasse

 

Orientierungssatz

1. Beansprucht der Träger der Sozialhilfe im Wege der Erstattung von der Pflegekasse die Tragung von Reparaturkosten für einen Treppenlift, so ist für die Entscheidung maßgeblich, ob der Versicherte Letzterer gegenüber einen vorrangigen Leistungsanspruch besitzt.

2. Bei dem Treppenlifter handelt es sich nicht um ein Pflegehilfsmittel iS des § 40 Abs 2 und 3 SGB 11, sondern um eine wohnumfeldverbessernde Maßnahme nach § 40 Abs 4 SGB 11. Die bloße Reparatur eines bereits vorhandenen und bezuschussten Treppenlifts stellt jedoch keine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes dar.

3. Die soziale Pflegeversicherung gewährt den Zuschuss maßnahmenorientiert. Dieser enthält eine Höchstsummenbegrenzung. Der Anspruch aus § 40 Abs 4 SGB 11 ist für den Pflegebedürftigen erfüllt, sobald die Pflegekasse die Maßnahme in der gesetzlichen Höhe bezuschusst hat.

4. Die Beteiligung der Pflegekasse ist auf den einmaligen finanziellen in der Höhe begrenzten Zuschuss beschränkt (vgl BSG vom 17.7.2008 - B 3 P 12/07 R = SozR 4-3300 § 40 Nr 9 juris-RdNr 21). Laufende Betriebskosten sind ebenso wie Aufwendungen für Wartung und Reparaturen von diesem Zuschuss erfasst.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.01.2017; Aktenzeichen B 3 P 2/15 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.07.2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 1526,37 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht als örtlicher Träger der Sozialhilfe von der beklagten Pflegekasse die Erstattung von Reparaturkosten für einen Treppenlift.

Die Beklagte zahlt dem 1969 geborenen E H (Versicherter) seit November 2011 Pflegegeld nach Pflegestufe III. Mit Bescheid vom 01.08.2005 hatte sie diesem für den Einbau eines Treppenliftes als wohnumfeldverbessernde Maßnahme nach § 40 Abs 4 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch (SGB XI) einen Zuschuss in Höhe von 2.557,00 EUR bewilligt und unmittelbar der Klägerin angewiesen. Die darüber hinausgehenden Kosten hatte die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe aus Sozialhilfemitteln nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) getragen.

Zwischen September 2012 und Juli 2014 übernahm die Klägerin für Reparaturkosten an dem Treppenlift insgesamt 1.526,37 EUR.

Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 22.01.2013 einen Erstattungsanspruch für diese über einen Betrag von zunächst 1.046,36 EUR geltend.

Die Beklagte lehnte den Erstattungsanspruch mit Schreiben vom 23.03.2013 ab. Sie habe bereits den Höchstzuschuss für den Treppenlift als wohnumfeldverbessernde Maßnahme geleistet. Reparaturen könnten nicht erneut bezuschusst werden.

Die Klägerin hat am 13.09.2013 unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Koblenz (Urteil vom 24.04.2009, S 3 P 106/08, in Juris) Klage erhoben. Danach könne die Reparatur eines Treppenliftes als neue Maßnahme bezuschusst werden. Als vorrangiger Leistungsträger sei die Beklagte zur Leistung verpflichtet. Demgegenüber vertrat die Beklagte die Ansicht, bei den Reparaturkosten für den Treppenlifter handele es sich um einen Bestandteil der ursprünglichen Versorgung. Eine objektive Änderung der Pflegesituation sei nicht eingetreten.

Das SG Köln hat die Klage durch Urteil vom 18.07.2014 abgewiesen. Der Versicherte habe gegenüber der Beklagten keinen vorrangigen Anspruch auf Übernahme der Reparaturkosten für den Treppenlift. Die Voraussetzungen des § 104 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X), lägen nicht vor. Bei dem Treppenlift handele sich nicht um ein technisches Hilfsmittel im Sinne des § 40 Abs. 2 und 3 SGB XI, sondern um eine wohnumfeld-verbessernde Maßnahme nach § 40 Abs. 4 SGB XI, für die der Zuschuss auf 2.557 EUR je Maßnahme begrenzt sei. Die Situation habe sich seit dem Jahr 2001 bei dem Pflegebedürftigen nicht geändert. Bei der Entscheidung des SG Koblenz handele es sich um eine Einzelfallentscheidung. Der Treppenlift habe hier vollständig erneuert werden müssen. Mit dem Landessozialgericht (LSG) Baden Württemberg (Urteil vom 10.06.2011, L 4 P 2397/10, in Juris) sei das Gericht der Ansicht, dass Reparaturkosten keine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes darstellen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 31.07.2014 zugestellte Urteil am 15.08.2014 Berufung eingelegt und ergänzend zu ihrem Vorbringen im Klageverfahren dargelegt, der Treppenlift sei für die Durchführung der häuslichen Pflege erforderlich. Ein defekter Treppenlift erfülle die Funktion des Transports des Pflegebedürftigen von einer Etage in die andere nicht mehr. Aus pflegerischer Sicht entspreche die Situation eines defekten Treppenlifts dem Stand wie vor der Installation im Jahr 2006. Sie hat auf eine aktuelle Entscheidung des Bundessozialgeri...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge