Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der Geeignetheit des Leistungserbringers als Voraussetzung eines Anspruchs auf Leistungen der Eingliederungshilfe für ambulant betreutes Wohnen

 

Orientierungssatz

1. Nach §§ 75, 76 SGB 12 müssen die Erbringer von Leistungen der Eingliederungshilfe für ambulant betreutes Wohnen zur Erbringung der angebotenen Leistungen geeignet sein. Insbesondere müssen Qualität und Wirtschaftlichkeit sowie eine entsprechende Qualifikation des Personals sichergestellt sein. Als im Wesentlichen lediglich andere Leistungsform muss hierbei das Persönliche Budget den gleichen Anforderungen genügen wie die vom Sozialhilfeträger erbrachte Sachleistung.

2. Ein Leistungserbringer ist i. S. von § 75 Abs. 2 S. 2 SGB 12 geeignet, wenn er inhaltlich und wirtschaftlich in der Lage ist, den individuellen Bedarf einer unbestimmten Vielzahl von leistungsberechtigten zu decken.

3. Erfüllt die Eingliederungshilfeeinrichtung des ambulant betreuten Wohnens nicht die notwendigen fachlichen und persönlichen Anforderungen an eine hinreichende Leistungserbringung, so erweist sie sich als ungeeignet, Hilfen zum betreuten Wohnen zu erbringen. In einem solchen Fall besteht trotz eines vorhandenen Eingliederungshilfebedarfs des Antragstellers gegenüber dem Sozialhilfeträger kein Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen für ambulant betreutes Wohnen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 25.09.2020; Aktenzeichen B 8 SO 27/20 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 11.09.2015 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe für ambulant betreutes Wohnen für die Zeit vom 11.01.2013 bis 31.12.2013 in Form der Übernahme der Kosten für die Betreuungsleistungen der Beigeladenen hat.

Der am 00.00.1962 geborene Kläger leidet an einer chronifizierten paranoiden Schizophrenie (ICD-10-GM: F20.0) mit schizophrenem Residuum (ICD-10-GM: F 20.5). Wegen dieser Erkrankung befindet er sich in ambulanter Behandlung in der Institutsambulanz der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums B (Institutsambulanz). Er bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und ergänzend Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel des SGB XII.

Die im Berufungsverfahren beigeladene E T ist mit dem bis 2018 in der Institutsambulanz als Krankenpfleger beschäftigten Herrn N verheiratet; sie lebt von ihm getrennt. Als examinierte Krankenschwester arbeitet sie seit 1993 in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums B (Universitätsklinik) als Teilzeitkraft. Von Oktober 2004 bis Dezember 2006 übte sie daneben eine angestellte Tätigkeit als Fachkraft für Eingliederungshilfe bei der Leistungsanbieterin U ("Netzwerk BeWo") aus. Seit dem 01.01.2007 bot die Beigeladene als Leistungserbringerin ambulant betreutes Wohnen (BeWo) an; seit dem 31.10.2007 ist sie insoweit unter dem Namen "zuhause sein" tätig. Zuletzt schloss sie am 20.12.2008 mit dem Beklagten zum 01.01.2009 auf unbestimmte Zeit eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (LPV) gem. § 75 SGB XII für den Leistungsbereich "ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung". Vereinbart war darin eine ordentliche Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres. Darüber hinaus enthielt die Vereinbarung u.a. folgende Regelungen:

§ 1 Abs. 2: "Die Leistung hat das Ziel, der betreuten Person unabhängig von Art und Schwere der Behinderung eine weitgehend eigenständige Lebensführung, soziale Eingliederung und Teilhabe am Leben in der Gemeinde zu eröffnen und erhalten. Eine Konkretisierung der Ziele erfolgt jeweils im Rahmen individueller Hilfeplanung "

§ 1 Abs. 3: "Grundlage für die Leistung ist ein individueller Hilfe- und Betreuungsplan. Dieser wird unter Einbeziehung der betreuten Person erarbeitet und vereinbart." § 3 Abs. 4: "Bei Beendigung der Betreuung sind der Abschluss der Betreuungsaktivitäten, die Erarbeitung der weiteren Hilfemöglichkeiten und ein schriftlicher Abschlussbericht erforderlich."

§ 4 Abs. 3: "Der Leistungserbringer überprüft das Hilfeangebot und die erbrachten Betreuungsleistungen in jedem Einzelfall. Grundlage für den Einzelfall ist die individuelle Hilfe- und Betreuungsplanung. Bezogen auf die Kategorien des Leistungsangebots werden die Ziele, Methoden und die Durchführung dargestellt und die Bewertung der Zielerreichung und die Formulierung neuer Ziele / Anschlussziele vorgenommen ..."

§ 5 Abs. 3: "Die Fallverantwortung ist durch eine Fachkraft im Sinne des Abs. 1 wahrzunehmen. Die Fallverantwortung umfasst insbesondere die individuelle Hilfe- und Betreuungsplanung sowie den Einsatz des Betreuungspersonals."

Im Zeitraum vom 20.08.2010 bis 07.01.2011 befand sich der Kläger fast durchgehend in stationärer Behandlung der Universitätsklinik. Ein fachärztliche...

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