Entscheidungsstichwort (Thema)
Landwirtschaftliche Krankenversicherung. Ausscheiden. Pflichtversicherung. außerhalb der Landwirtschaft hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger
Orientierungssatz
1. Ein außerhalb der Land- und Forstwirtschaft hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger ist ab 1.1.1995 nicht mehr in der KVdL versicherungspflichtig.
2. Diese sich aus § 2 Abs. 4a KVLG 1989 ergebende Rechtsfolge verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger über den 31.12.1994 hinaus Pflichtmitglied in der Krankenversicherung der Landwirte (KVdL) ist.
Der am 12.01.1942 geborene Kläger ist als selbständiger Versicherungskaufmann tätig. Daneben bewirtschaftet er seit dem 01.01.1974 als selbständiger Unternehmer einen 7,77 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb. Aus diesem Grunde war er bei der Beklagten pflichtversichert. Sein monatlicher Krankenversicherungsbeitrag betrug zuletzt (1993) 180,- DM.
Auf Anfrage der Beklagten teilte der Kläger im September 1994 mit, daß er weiterhin als Versicherungskaufmann mit einem wöchentlichen Arbeitsaufwand von ca. 40 Stunden tätig sei. Für den landwirtschaftlichen Betrieb wende er ca. 25 Stunden auf. Die höheren Einnahmen erziele er aus der Tätigkeit als Versicherungskaufmann.
Auf der Grundlage dieser Angaben stellte die Beklagte durch Bescheid (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) vom 11.11.1994 fest, daß die Versicherungspflicht des Klägers als landwirtschaftlicher Unternehmer mit dem 31.12.1994 endet. Zur Begründung verwies sie auf die neue Regelung in § 2 Abs. 4 a des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989). Da die Einnahmen des Klägers aus der sonstigen selbständigen Tätigkeit höher seien als seine Einnahmen aus der Landwirtschaft und die für die sonstige selbständige Tätigkeit aufgewendete Arbeitszeit den Umfang der Arbeitszeit in der Landwirtschaft übersteige, gehöre er zu den außerhalb der Land- und Forstwirtschaft hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigen, so daß ab 01.01.1995 keine Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher Unternehmer mehr bestehe. Sodann wies die Beklagte daraufhin, daß die Möglichkeit bestehe, die Versicherung durch eine freiwillige Mitgliedschaft fortzusetzen. Von dieser Möglichkeit hat der Kläger Gebrauch gemacht. Er entrichtet den Höchstbeitrag (1995: 654,- DM monatlich).
Gegen den Bescheid vom 11.11.1994, soweit darin das Ende der Pflichtversicherung festgestellt worden war, legte der Kläger am 30.12.1994 Widerspruch ein, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 10.03.1995 zurückwies.
Dagegen hat der Kläger am 13.04.1995 Klage zum Sozialgericht erhoben. Er hat die Befürchtung geäußert, daß die Leistungen für freiwillige Mitglieder nicht mit denjenigen für Pflichtversicherte identisch seien; dies gelte insbesondere für die Betriebs- und Haushaltshilfe im Krankheitsfalle. Er meint, daß das Ende der Pflichtmitgliedschaft in der KVdL ohne Änderungen der tatsächlichen Situation dem Vertrauensschutzgedanken widerspreche. Durch die Gesetzesänderung sei er gezwungen worden, eine freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten zu beginnen; eine andere Krankenkasse habe er nicht wählen können; darin sei eine Beschränkung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit zu sehen. Wenn die Neuregelung des § 2 Abs. 4 a KVLG 1989 auch bestehende Pflichtversicherungen beende, entspreche die Regelung nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Vorschrift könne daher verfassungskonform nur dahin ausgelegt werden, daß sie lediglich für die nach der Gesetzesänderung zu begründenden Versicherungsverhältnisse anzuwenden sei. Bei einer derartigen Gesetzesauslegung werde auch nicht der Umstand zum Problem, daß bereits jahrelang in die Versicherung eingezahlt worden sei. Auch hätten die potentiellen Versicherten die Wahlmöglichkeit zwischen mehreren freiwilligen Versicherungen. Für bestehende Pflichtversicherungsverhältnisse würde dagegen eine unbillige Härte bestehen. Die Verhältnismäßigkeit sei nur dann gewahrt, wenn die Existenz eines jahrelang bestehenden Versicherungsverhältnisses nicht berührt werde.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.11.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.1995 zu verurteilen festzustellen, daß er über de 01.01.1995 hinaus Pflichtmitglied der Beklagten ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, daß die Beurteilung, ob der Kläger als Landwirt oder als Versicherungskaufmann hauptberuflich tätig sei, unter Berücksichtigung des Gesamtbildes des Berufslebens vorgenommen werden müsse. Nach der Zielsetzung der gesetzlichen Neuregelung komme es darauf an, wo der Mittelpunkt des Erwerbslebens liege. Insoweit müsse der für die einzelnen selbständigen Tätigkeiten erforderliche Arbeitsaufwand ebenso berücksichtigt werden wie das hieraus jeweils erzielte Arbeitseinkommen. Festzustellen sei, daß den bei der Betriebsgröße des Klägers zwangsläufig fehlenden Einkünften aus seiner Landwirtschaft erhe...