Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsgeldanspruch. nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer. Aufenthaltstitel. Erwerbstätigkeit. § 1 Abs 6 BErzGG idF vom 13.12.2006. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Zur Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs 6 Nr 3 Buchst b BErzGG idF vom 13.12.2006.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.07.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Erziehungsgeld und dabei insbesondere über die Verfassungsmäßigkeit von § 1 Abs. 6 BErzGG.
Der 1959 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit und von Beruf Landwirt.
Er reiste im Juni 1992 ohne das dafür erforderliche Visum nach Deutschland ein und beantragte Asyl, weil er in der Türkei die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützt habe. Deshalb sei er mehrfach inhaftiert gewesen und fürchte um sein Leben. Der Kläger erhielt für die Dauer des Asylverfahrens eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens, die ihm eine Erwerbstätigkeit mit Arbeitserlaubnis gestattete.
Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt). lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28.09.1993 als offensichtlich unbegründet ab und drohte dem Kläger die Abschiebung in die Türkei an, weil er im Asylverfahren wechselnde und widersprüchliche Angaben gemacht habe.
Der Kläger erhob gegen die Ablehnung Klage und erreichte während des Klageverfahrens die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Am 29.07.1998 wurde die Asylablehnung aufgrund eines Urteils des Verwaltungsgerichts Arnsberg rechtskräftig.
Am 11.08.1998 stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag, den das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 24.08.1998 ablehnte.
Ende September 1998 begab sich der Kläger in nervenärztliche Behandlung. Der behandelnde Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L gab mit Attest vom 29.10.1998 an, der Kläger leide an einem schweren Schädelhirntrauma mit erheblicher Folgesymptomatik wie Krampfanfällen, die therapieresistent seien. Die Krankheit könne nur in Deutschland optimal behandelt werden, eine "Ausweisung" des Klägers würde schwere, irreversible Gesundheitsschäden zur Folge haben.
Der für das Ausländeramt tätige Facharzt für Psychiatrie Dr. L1 riet unter dem Datum des 13.01.1998 nach einer Begutachtung des Klägers aus fachärztlicher Sicht von einer Rückführung des Klägers in die Türkei dringend ab, weil er dort als Kurde vor dem Hintergrund seiner früheren Erfahrungen mit der Polizei einer zu starken Angst ausgesetzt und aus einer stabilen Partnerschaft mit einer Deutschen in Deutschland gerissen würde.
Daraufhin erteilte der Landkreis P dem Kläger mit Datum vom 12.02.1999 eine Duldung, die ihm eine arbeitserlaubnispflichtige Erwerbstätigkeit nur gemäß gültiger Arbeitserlaubnis gestattete. Trotz Zweifeln daran, ob der Kläger die bei ihm festgestellten psychischen Erkrankungen tatsächlich behandeln ließ, wurde die Duldung in der Folgezeit jeweils verlängert, zuletzt bis zum 20.02.2001.
Mit Urteil vom 18.06.2001 verpflichtete das Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg das Bundesamt, beim Kläger ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG festzustellen, weil der Kläger an einer schweren depressiven Erkrankung leide, deren erfolgreiche Behandlung in seinem Heimatland nicht gewährleistet sei. Das VG stützte sich unter Anderem maßgeblich auf seinen Eindruck vom Kläger in der mündlichen Verhandlung. Das Urteil wurde rechtskräftig; das Bundesamt stellte daraufhin am 28.08.2001 beim Kläger ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG hinsichtlich der Türkei fest.
Am 00.11.2001 heiratete der Kläger in T die aus der Türkei nachgezogene Mutter seiner vier Kinder, die sich nach erfolglosem Asylverfahren in Deutschland befand und mit der er bislang nur nach religiösem Ritus die Ehe geschlossen hatte.
Am 21.02.2002 erteilte der Landkreis P als zuständige Ausländerbehörde dem Kläger eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 i.V.m. § 55 Abs. 2 und § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG wegen des rechtskräftig festgestellten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses. Dem Kläger war weiterhin eine Erwerbstätigkeit nur mit der erforderlichen Erlaubnis gestattet.
Am 25.05.2005 erhielt der Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG für ein Jahr, die ihm jede Art von Erwerbstätigkeit gestattete. Sie enthielt außerdem die Nebenbestimmung "erlischt, wenn das Bundesamt die Feststellung von Abschiebungshindernissen hinsichtlich der Türkei widerruft." Die Aufenthaltserlaubnis wurde am 12.06.2006 um ein Jahr verlängert. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt nicht erwerbstätig, sondern bezog Sozialhilfe.
Am 12.04.2006 kam der Sohn C B des Klägers zur Welt. Am 21.04.2006 beantragte der Kläger Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Kindes.
Durch Bescheid vom 23.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom ...