Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss des Krankengeldanspruchs bei Auslandsaufenthalt des Versicherten. Zustimmung der Krankenkasse. Arbeitsunfähigkeit. Ermessensreduzierung auf Null
Orientierungssatz
1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 SGB 5 ruht der Anspruch des Versicherten auf Krankengeld während eines Auslandsaufenthalts; dies gilt auch dann, wenn der Versicherte dort erkrankt, es sei denn, er hält sich nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit mit Zustimmung der Krankenkasse im Ausland auf. Die Entscheidung über die Zustimmung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Krankenkasse.
2. Nach dem Gesetzeszweck soll nur eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Krankengeld in den Fällen verhindert werden, in denen die Arbeitsunfähigkeit im Ausland nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen festgestellt werden kann. Ist bestehende Arbeitsunfähigkeit des Versicherten unstreitig festgestellt, so bleibt für eine Ermessensentscheidung kein Raum mehr. Dieses ist auf Null reduziert, weil bei deren Feststellung keinerlei praktische Schwierigkeiten bestehen.
Normenkette
SGB V § 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.3.2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Krankengeld (in Höhe von 1.116,54 Euro) während eines zweiwöchigen Auslandsaufenthalts in Spanien.
Der 1955 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Kläger arbeitete bis zum 31.8.2011 als Pharmareferent. Er war ab dem 29.8.2011 wegen einer Angina Pectoris arbeitsunfähig und wurde vom 4.- 6.9.2011 stationär behandelt. Ab dem 10.9.2009 zahlte die Beklagte Krankengeld.
Nachdem die Mitarbeiterin der Beklagten Frau N dem Kläger in einem Telefonat vom 30.9.2011 mitgeteilt hatte, dass Krankengeld während eines Auslandsaufenthalts nicht gezahlt werden könne, wenn der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) dem nicht zustimme, übermittelte der Kläger der Beklagten zwei Atteste seiner behandelnden Ärzte vom selben Tag. Allgemeinmediziner Dr. N bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis "auf weiteres"; Kardiologe Dr. C gab an, der Kläger leide an einer schweren koronaren Dreigefäßerkrankung; wegen der belastenden psychischen Begleitumstände sei eine Entspannung durch Urlaub sinnvoll. In einer Aktennotiz vermerkte Frau N, der Aufenthalt ab dem 1.10.2011 in Spanien sei "mit W abgesprochen (!?)". Der Kläger flog vom 1.10. bis 14.10.2011 in sein Ferienhaus nach Spanien.
Dr. U vom MDK führte unter dem 11.10.2011 aus, der Kläger habe den Urlaub im Status der Arbeitsfähigkeit antreten können, da während des stationären Krankenhausaufenthalts ein gutes Ergebnis der Belastbarkeit festgestellt worden sei. Der Kläger sei nach seinem Urlaub zur Begutachtung einzubestellen. Frau Dr. T und Frau T1 vom MDK ergänzten am 13.10.2011 und 18.10.2011, der Urlaub sei wegen des Reisestresses und der enttäuschten Urlaubserwartung aus medizinischer Sicht nicht zu befürworten, zumal dadurch die Therapie unterbrochen werde.
Daraufhin stellte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 iVm Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für den Zeitraum vom 1.10. bis 14.10.2011 fest. Sie habe dem Auslandsaufenthalt vor Antritt der Urlaubsreise nicht zustimmen können, da eine solche medizinisch nicht sinnvoll gewesen sei (Bescheid vom 13.10.2011 in der Gestalt des Bescheids vom 4.1.2012).
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, durch die Fahrt in das Ferienhaus seiner Familie seien weder Stress noch enttäuschte Urlaubserwartung entstanden. Auch habe der Urlaub weder sportliche Betätigungen noch anderweitige Belastungen enthalten. Das Haus liege auf der M in N, einer Region, die für ihr gesundes Klima bekannt sei. Erst seit Ende Oktober 2011 befinde er sich in psychotherapeutischer Behandlung.
Dr. C führte am 3.11.2011 aus, die Beschwerden des Klägers seien im Wesentlichen somatisch bedingt. Da er aktuell stabil sei, finde keine tägliche ärztliche Vorstellung statt, gegen eine bedarfsweise Vorstellung bei einem Kardiologen in Spanien spreche nichts.
Nach persönlicher Untersuchung des Klägers schrieb Frau Dr. T vom MDK am 1.12.2011, der Kläger sei weiterhin arbeitsunfähig und nicht in der Lage, seinen Beruf als Pharmareferent auszuüben. Die Fortführung der einmal wöchentlich stattfindenden Psychotherapie, sportliche Maßnahmen sowie die Einnahme eines ACE-Hemmers seien sinnvoll. Da die Therapiemaßnahmen kontinuierlich fortgeführt werden sollten, sei eine Reise nach Spanien wegen der Angstzustände, Albtraume und der rezidivierenden Angina Pectoris nicht empfehlenswert.
Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 19.6.2012 hat der Kläger am 3.7.2012 Klage erhoben und sein Vorbringen vertieft. Er habe vor und nach seinem Urlaub medizinische Nachweise von Fachärzten darüber erbracht, dass die Urlaubsreise medizinisch sinnvoll sei, sodass die Beklagte von einer Ermessensreduzie...