Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit bei einem Kameramann
Orientierungssatz
1. Von einer abhängigen Beschäftigung, die Versicherungspflicht begründende Tätigkeit ist auszugehen, wenn die nicht selbständige Tätigkeit nach Weisungen erfolgt und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers vorliegt. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, durch die eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Ist der Betroffene vollständig in einen fremden Betrieb eingegliedert, unterliegt er dem Weisungsrecht des Inhabers, hat er sich an die zeitlichen Produktionsvorgaben zu halten, benutzt er bei seiner Tätigkeit die ihm vom Inhaber zur Verfügung gestellten Hilfsmittel und ist ein eigenes unternehmerisches Risiko nicht erkennbar, so ist von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
3. Dass ein solchermaßen tätiger Kameramann befürchten muss, bei sog. Schlechtleistungen keine weiteren Folgeaufträge zu erhalten, stellt kein typisches Unternehmerrisiko dar, sondern ein solches, das auch auf jeden Arbeitnehmer zurückfällt, der seine Tätigkeit am Markt anbietet. Aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung eines Auftrags zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko, vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.8.2009 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens zu 6/7, die Beklagte zu 1/7. Die Beigeladenen tragen ihre Kosten selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.848,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch über die Frage, ob hinsichtlich der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin an 14 Einsatztagen in der Zeit vom 17.1.2007 bis zum 19.4.2007 als Kameramann Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie in der sozialen Pflegeversicherung bestand.
Die Klägerin ist eine Fernsehproduktionsgesellschaft. Sie produziert u.a. für (private) Fernsehsender Formate wie "G", "T" und "U". Der 1956 geborene Beigeladene zu 1) arbeitet für die Klägerin bei der Produktion derartiger Formate als Kameramann. Die Aufnahmen erfolgen in einem Aufnahmestudio, das von der Klägerin einschließlich des technischen Equipments und der Kameras angemietet wird. Dieses Equipment stellt die Klägerin dem Produktionsteam zur Verfügung. Sie stellt auch die Kamera, die der Beigeladene zu 1) bedient. Zu Beginn eines Drehtages erklärt der verantwortliche Regisseur zunächst allen Beteiligten den technischen Ablauf der Sendung. Parallel dazu besprechen die Comedians in der Redaktion inhaltliche Dinge. Im Studio wird danach jedes Set aufgebaut, das in der Sendung später bespielt werden soll. Der Aufbau wird anschließend mit Hilfe der Kameraleute eingeleuchtet, und die Kamerapositionen werden mit Lichtdoublen bestimmt. Da mit mehreren Kameras gearbeitet wird, müssen die einzelnen Kamerapositionen auch auf einander abgestimmt werden, damit sich die Kameraleute nicht gegenseitig behindern und auch nicht in der Sendung zu sehen sind. Dann erfolgt regelmäßig eine Stellprobe. Hierbei werden die einzelnen Spiele (Auftritte und Übergänge) durchgestellt. Die Kameraleute kontrollieren hierbei, ob aufgrund der Komposition qualitativ angemessene Bilder entstehen können. Ggf. werden entscheidende Parameter wie Licht und Position der Kameras oder der darstellenden Schauspieler verändert. Darüber, welche Bilder die Kameraleute dann während der eigentlichen Aufzeichnung der Sendung liefern, entscheiden sie im Wesentlichen selbst. Sie bestimmen dabei im ihnen vorgegebenen Rahmen Kameraposition und Höhe, Kamerabewegung, Objektiv, Schärfe und Unschärfe, Tiefenschärfe, Ausschnitt und Bildkomposition. Ob und ggf. welche der von ihnen produzierten Bildsequenzen für die Zusammenstellung der Sendung genutzt werden, können sie nicht festlegen. Die Sendung wird vielmehr letztlich durch den verantwortlichen Regisseur zusammengestellt. Regelmäßig erhält ein Kameramann von dem Regisseur aber keine konkreten Anweisungen, welche Bilder er aktuell liefern soll. Dies ergibt sich aus der Berufserfahrung der Kameramänner und in Abstimmung mit den anderen Kameramännern sowie in Anpassung an die jeweilige Situation, die es abzubilden gilt. Zum Teil gibt allerdings auch der Regisseur situationsbezogene Anweisungen. Die gewünschten Bilder werden dann von den Kameraleuten geliefert. Der Regisseur der Sendung wendet sich auch dann an die Kameraleute, wenn er etwa feststellt, dass zwei von ihnen das mehr oder weniger identische Bild anbieten. Auch in einem solchen Fall greift er regelmäßig kurz ein und weist au...