Entscheidungsstichwort (Thema)
Besitzschutzregelung des Rentenbeziehers bei Bewilligung einer Folgerente nach bezogener Erwerbsminderungsrente
Orientierungssatz
1. Nach der Besitzschutzregelung des § 88 Abs. 1 S. 2 SGB 6 werden für eine Folgerente mindestens die bisherigen Entgeltpunkte zugrunde gelegt, wenn der Versicherte eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezogen hat und spätestens innerhalb von 24 Monaten nach Ende des Bezugs dieser Rente erneut eine Rente beginnt.
2. Für in der UdSSR zurückgelegte Pflichtbeitragszeiten sind die ermittelten Entgeltpunkte nach § 22 Abs. 3 FRG um ein Sechstel zu kürzen, wenn die Beitrags- oder Beschäftigungszeiten lediglich glaubhaft gemacht sind.
3. Nach § 77 Abs. 3 S. 1 SGB 6 bleibt für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, der frühere Zugangsfaktor maßgebend.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 29.05.2019 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Gewährung einer höheren Rente wegen Erwerbsminderung bzw. einer vorzeitigen Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Der 1953 in der ehemaligen UdSSR geborene Kläger hat seit März 2000 seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland und ist als Spätaussiedler nach § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) anerkannt. Er absolvierte nach seinen Angaben von 1968 bis 1972 eine Ausbildung zum Maschinentechniker an der Technischen Forstfachschule und war anschließend - unterbrochen vom Wehrdienst (Mai 1973 bis Mai 1975) - als Mechaniker bzw. Hauptmechaniker in einem Forstbetrieb beschäftigt. Ein 1980 aufgenommenes Studium an der Technischen Forstakademie M schloss er 1983 mit dem Abschluss "Technologie-Ingenieur Fachrichtung Forstwesen" ab und war anschließend bis zu seiner Ausreise nach Deutschland als Forstingenieur beschäftigt. Von 2001 bis 2004 war er zunächst als Wald- bzw. Bohrarbeiter, sodann bis April 2008 als Förster jeweils versicherungspflichtig beschäftigt. Der Kläger hatte mit seiner ersten, Ende der 70er-Jahre verstorbenen Ehefrau zwei Kinder (O, geb. 00.07.1973 und F, geb. 00.12.1977). Seine zweite Ehefrau brachte ein Kind mit in die Ehe (Q, geb. 00.07.1983) und hatte mit dem Kläger ein weiteres Kind (B, geb. 00.02.1994). Die zweite Ehe ist zwischenzeitlich geschieden (Ehezeit vom 01.03.1988 bis zum 31.12.2007); für die Ehezeit wurden im Rahmen des Versorgungsausgleichs Rentenanwartschaften entsprechend eines Abschlags an 7,1625 Entgeltpunkten (EP) auf die geschiedene Ehefrau übertragen. Nach übereinstimmender Erklärung der geschiedenen Ehegatten vom 26.03.2001 hat der Kläger die Kinder überwiegend erzogen.
Am 02.10.2009 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Nach Ablehnung dieses Antrags (Bescheid vom 30.03.2010) bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, wobei sie 21,7997 an persönlichen EP zugrunde legte (Bescheid vom 18.02.2011), den darüber hinausgehenden Widerspruch wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 23.05.2011). Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Münster wurde die Klage nach medizinischen Ermittlungen abgewiesen (Urteil vom 19.02.2013 - S 14 R 480/11). Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (L 14 R 268/13) bot die Beklagte - nach erneuter medizinischer Begutachtung des Klägers - die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls im Juni 2013 ab dem 01.01.2014 bis zum 30.06.2015 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen an. Dieses Angebot nahm der Kläger mit Schreiben vom 01.09.2014 an. Mit Schreiben vom selben Tag beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen und bat um eine Probeberechnung, um prüfen zu können, ob sich durch die direkte Umwandlung der Erwerbsminderungsrente in eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ein höherer Zahlbetrag ergebe.
Mit Bescheid vom 10.10.2014 führte die Beklagte den Vergleich aus und gewährte dem Kläger eine ab dem 01.01.2014 bis zum 30.06.2015 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dabei berücksichtigte sie die in der UdSSR zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten vom 18.06.1971 bis 25.08.1971 als glaubhaft gemachte Zeit der Berufsausbildung zu 5/6. Die Zeit des Wehrdienstes (06.05.1973 bis 03.05.1975) wurde als nachgewiesene Zeit nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannt. Die Zeiten vom 03.04.1972 bis 03.05.1973 und vom 16.06.1975 bis 31.08.1980 wurden als glaubhaft gemachte Zeit nach dem FRG in einer Beschäftigung entsprechend der Qualifikationsgruppe 4 gemäß Anlage 13 zum Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) zu 5/6 berücksichtigt, die Zeit vom 20.07.1983 b...