Entscheidungsstichwort (Thema)
Bildung des Gesamt-Gdb
Orientierungssatz
Bei der Bildung des Gesamt-Gdb kann aus den Einzelgraden Behinderung von 30 und zweimal 20 ein Gesamt-Gdb von 50 gebildet werden, wenn die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen voneinander unabhängig sind und im Ablauf des täglichen Lebens ganz verschiedene Bereiche beeinträchtigen (hier: eingeschränkte Handbeweglichkeit mit 30 und eine psychische Störung der Persönlichkeitsstruktur, die sich in phobischen Ängsten und depressiver Reaktionsbereitschaft äußert, sowie eine Colitis ulcerosa, die zu fünf bis sechs Durchfällen je Tag führt, mit je einem Gdb von 20).
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichtes Düsseldorf vom 10.09.2004 abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 25.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2002 verurteilt, bei dem Kläger einen GdB von 50 ab Januar 2005 festzustellen. Der Beklagte trägt 1/3 der Kosten des Klageverfahrens sowie die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Behinderung (GdB).
Der 1962 geborene Kläger stellte im Juli 2001 einen Antrag auf Feststellung eines GdB.
Der Beklagte erkannte nach Auswertung des Befundberichtes des Unfallchirurgen Dr. Q sowie der beigezogenen Unterlagen der Großhandels- und Lagerei Berufsgenossenschaft (BG) mit Bescheid vom 25.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2002 einen GdB von 30 fest wegen der Behinderungen "Restbewegungs- und Gefühlsstörungen nach operativ behandeltem Speichenbruch rechts".
Hiergegen hat der Kläger am 29.04.2002 Klage erhoben bei dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf mit der Begründung, die Folgen des Arbeitsunfalles an der Hand seien weitaus schwerwiegender. Es liege ein GdB von 50 vor.
Das SG hat das neurologische Gutachten sowie das elektroneurographische Zusatzgutachten des Prof. Dr. N, das chirurgische Gutachten des Dr. C, das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. X sowie den Bescheid der BG vom 13.11.2003 beigezogen und ein Gutachten des Handchirurgen Dr. X1 und des Neurologen und Psychiaters Dr. I eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten vom 25.03.2004 und 19.04.2004 verwiesen.
Das SG hat mit Urteil vom 10.09.2004 den Beklagten verurteilt, einen GdB von 40 festzustellen und die weitergehende Klage abgewiesen. Auf die Entscheidung wird verwiesen.
Gegen das am 20.09.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.10.2004 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichtes Düsseldorf vom 10.09.2004 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2002 zu verurteilen, ab Januar 2005 einen GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat mit Bescheid vom 14.10.2004 in Ausführung des Urteils des SG Düsseldorf vom 10.09.2004 einen GdB von 40 anerkannt. Ergänzend betont der Beklagte, dass auch der nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gehörte Prof. Dr. G einen Gesamt-GdB von 40 ermittelt hat.
Der Senat hat die Akte S 14 U 13/04 beigezogen und einen Befundbericht des Dipl.- Psychologen L eingeholt.
Der Beklagte hat die Unterlagen ausgewertet und den GdB mit 40 eingeschätzt.
Sodann hat der Senat ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B und ein orthopädisches Gutachten des Dr. N eingeholt. Abschließend hat der Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG Gutachten der Neurologin und Anästhesistin Dr. X2, des Handchirurgen Dr. G1 sowie des Gastroenterologen Prof. Dr. G eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten vom 30.10.2005, 27.10.2005, 20.04.2006, 15.12.2006 und 01.05.2007 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den übrigen Akteninhalt sowie auf die Verwaltungsakte des Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 ab Januar 2005.
Nach § 69 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) wird auf Antrag eines behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und des GdB festgestellt. Eine Behinderung ist gemäß § 2 SGB IX die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen, körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht und die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt. Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung sind als GdB, nach Zehnergraden abgestuft, von 20 bis100 festzustellen (§ 69 Abs. 1 S. 3 SGB IX). Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen, wie sie bei der Klägerin vorliegen, ist nach § 69 Abs. 3 SGB IX der Gesamt-GdB nach den Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wech...