Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Verfügt der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH über keine Sperrminorität, ist er in den Betrieb des Unternehmens eingegliedert, unterliegt er den Weisungen der Gesellschafterversammlung, bezieht er ein vereinbartes festes Gehalt, ist ihm eine feste Arbeitszeit vorgegeben und hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub, so liegt eine abhängige Beschäftigung vor.
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7.6.2018 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), ob die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 27.5.2015 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.
Die Beigeladene zu 1), eine GmbH, wurde durch Gesellschaftsvertrag (GV) vom 15.10.1979 unter der Firma S GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet. Gründungsgesellschafter waren zu je 50 v.H. Herr X S, der Vater der Klägerin, und Herr H T. § 8 des damaligen GV sah vor, dass die Gesellschaft einen Beirat erhielt, der aus den beiden Gesellschaftern und dem für das Unternehmen zuständigen Steuerberater bestand. Sofern technische Fragen Gegenstand der Beschlussfassung waren, handelte anstelle des Steuerberaters ein von der zuständigen IHK benannter Sachverständiger. Jeder Gesellschafter konnte die Einberufung des Beirats verlangen und ihn ggf. auch selbst laden. Vorgesehen war eine Ladungsfrist von vier Wochen. § 10 GV sah, soweit gesetzlich nicht zwingend anders vorgeschrieben, für Gesellschafterbeschlüsse eine einfache Mehrheit vor. Bei Stimmengleichheit sollte eine nochmalige Abstimmung stattfinden. Sodann hieß es wörtlich:
"Sollte wiederum eine Mehrheit nicht zu finden sein, entscheidet in diesen Fällen der Beirat, dessen Entscheidung sich die Gesellschafter unterwerfen. Dies gilt nicht, sofern das Gesetz zwingend eine Entscheidung der Gesellschafter verlangt."
Mit Änderung des GV vom 13.12.1985 wurde in der nunmehr so genannten S T GmbH der Beirat auf vier Mitglieder erweitert: neben den Gründungsgesellschaftern der Steuerberater und ein geschäftsführendes Mitglied des Vorstandes der für die Gesellschaft zuständigen IHK.
Am 14.10.1988 wurde das Stammkapital auf 101.000 DM erhöht. 51.000 DM davon übernahm die T & X GmbH.
Am 24.2.1994 wurden die Gesellschaftsanteile unter weiterer Erhöhung des Stammkapitals auf 104.000 DM zu je 25 v.H. verteilt auf die Gründungsgesellschafter sowie Frau N T und Frau C S. Bei dieser prozentualen Verteilung der Anteile blieb es auch, als am 28.8.1995 das Stammkapital auf 336.000 DM erhöht wurde. Gleichzeitig wurde die Zahl der Beiratsmitglieder auf drei reduziert, wobei der Steuerberater gestrichen wurde. 1996 schieden die Eheleute T aus der Gesellschaft aus. Fortan waren zunächst Herr X S und Frau C S je zur Hälfte Gesellschafter, Frau S ab dem 13.3.1997 auch Geschäftsführerin.
Am 15.9.1999 wurde die Beiratsklausel erneut geändert. Danach waren Mitglieder die Gesellschafter und der für das Unternehmen zuständige Steuerberater.
Am 18.12.2008 traten die Klägerin und Herr I S mit Kapitalanteilen von je 68.800 Euro des inzwischen auf 172.000 Euro umgewerteten Stammkapitals, also jeweils zu 40 v.H., in die Gesellschaft ein. Herr X und Frau C S waren fortan zu je 10 v.H. Gesellschafter. Alle vier Gesellschafter waren Geschäftsführer, namentlich die Klägerin mit Einzelvertretungsberechtigung und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.
Mit GV vom 5.5.2009 (im Folgenden: GV 2009) wurde die Satzung der Beigeladenen zu 1) vollständig neu gefasst. § 6 sah jetzt vor, dass Beschlüsse der Gesellschafter mit einer Mehrheit von mindestens 60 v.H. des Stammkapitals gefasst werden, wobei je 100 Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme gewähren.
Auch die Beiratsklausel wurde in § 7 GV 2009 neu gefasst. Sie lautete nunmehr:
§ 7 Beirat
Die Gesellschaft erhält einen Beirat. Dieser berät die Gesellschaft und entscheidet mit ...