Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft. Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft für Empfänger von Grundsicherung für Arbeitslose

 

Orientierungssatz

1. Die angemessenen Kosten für die Unterkunft i. S. von § 22 SGB 2 sind nach der sog. Produkttheorie zu ermitteln. Für einen Einpersonenhaushalt gilt dabei eine maximale Wohngröße von 50 qm. Verfügt der Grundsicherungsträger über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete, so sind die Tabellenwerte zu § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % heranzuziehen.

2. Unangemessen hohe Kosten der Unterkunft sind vom Grundsicherungsträger in der Regel längstens sechs Monate zu übernehmen.

3. Der Umzug aus einer i. S. von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 2 unangemessenen Wohnung in eine andere andere unangemessene Wohnung ist nicht geschützt. Es sind dann nur noch die angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung übernahmefähig.

4. Bei der Bestimmung des 10 %-igen Zuschlags zu den Tabellenwerten des § 12 WoGG handelt es sich nicht um eine einzelfallbezogene Anwendung auf einen konkreten Sachverhalt. Ein Rückgriff auf die regionalen Verhältnisse bei der Bestimmung der Referenzmiete kommt deshalb nicht in Betracht.

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 1 Sätze 1-3, Abs. 4, § 20 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 Sätze 1-3, § 21 Abs. 7, § 40 Abs. 2 Nr. 3, § 7 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-3, § 8 Abs. 1 S. 1, §§ 9, 11-12; WoGG §§ 11-12; WoGG a.F. §§ 1, 8; WoGV § 1 Abs. 3; SGG § 54 Abs. 4, §§ 77, 86, 96 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 1, 3, Art. 100 Abs. 1 S. 1; BVerfGG § 31 Abs. 2; SGB X §§ 33, 48 Abs. 1 S. 1; SGB XII § 28 Abs. 1, 3, § 28a Abs. 2 S. 1; SGB III § 330 Abs. 3; BGB §§ 558c, 558d; HeizkostenV § 9; IPwskR Art. 9, 15 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 2 S. 1; EGV Nr. 883/2004 Art. 70; EMRK; EuGrCH Art. 51 Abs. 1

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.06.2015 geändert. Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 11.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28.09.2016 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 29.02.2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II i.H.v. insgesamt 1004,00 Euro (Regelbedarf 404,00 Euro + 600,00 Euro KdU) monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu 1/10 zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.12.2013 bis zum 31.08.2014 sowie für die Zeit vom 01.03.2015 bis zum 29.02.2016.

Die Klägerin war zu Beginn ihres Leistungsbezuges unter der Anschrift "B 00" in L wohnhaft. Dort fielen Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. insgesamt 600,00 EUR monatlich an (Grundmiete 450,00 EUR + Nebenkosten 150,00 EUR).

Im Frühjahr 2011 wurde die Klägerin seitens ihrer Vermieterin zur Räumung ihrer Wohnung aufgefordert. Am 02.08.2011 schloss die Klägerin mit ihrer Vermieterin vor dem Amtsgericht L einen Vergleich, in welchem sich die Parteien darüber einigten, dass das Mietverhältnis zum 29.02.2012 enden solle. Ein Auszug der Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte nicht.

Die Klägerin legte dem Beklagten im Mai 2012, August 2012, Oktober 2012 sowie im Juli 2013 vier verschiedene Wohnungsangebote vor und beantragte die Zusicherung zur Übernahme der Kosten für diese Wohnungen. Der Beklagte lehnte die Erteilung einer Zusicherung jeweils unter Hinweis auf die aus seiner Sicht unangemessenen Unterkunftskosten ab.

Mit Bescheid vom 22.07.2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.09.2013 bis zum 28.02.2014 i.H.v. 990,79 EUR monatlich (382,00 EUR Regelbedarf + 8,79 EUR Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II + 600,00 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung). Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 10.09.2013 zurück. Dagegen erhob die Klägerin mit dem Ziel einer höheren Regelleistung Klage im Wege der Erweiterung einer beim Sozialgericht Köln bereits anhängigen Klage (S 28 AS 3476/11). Die Klage hatte keinen Erfolg. Hinsichtlich der angegriffenen Höhe der Regelleistung nahm die Klägerin die gegen das Urteil eingelegte Berufung (L 19 AS 1284/14) am 24.11.2014 zurück.

Am 02.11.2013, zwei Tage vor der für den 04.11.2013 angesetzten Zwangsräumung, zog die Klägerin in die von ihr auch aktuell bewohnte Wohnung in der T-straße 00 in L um, für die sie ebenso wie in ihrer alten Wohnung einschließlich Nebenkosten eine Miete in Höhe von insgesamt 600,00 EUR zu entrichten hat.

Durch Änderungsbescheid vom 23.11.2013 erhöhte der Beklagte die Leistungen ab dem 01.01.2014 wegen Anpassung des Regelbedarfs zunächst auf 999,99 EUR monatlich (391,00 EUR Regelbedarf + 8,99 EUR Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II + 600,00 EUR Kosten der Unterkunf...

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