Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Wohnflächengrenze. sozialer Wohnungsbau. Anwendung landesrechtlicher Verwaltungsvorschriften. Zweipersonenhaushalt. schlüssiges Konzept. qualifizierter Mietspiegel. Wohnstandard. Baualtersstufe
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen.
2. Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum von Dezember 2006 bis April 2007 stellt der Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen "Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zum Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG)" vom 8.3.2002 in der geänderten Fassung vom 21.9.2006 die insoweit maßgebliche Regelung dar (so auch LSG Essen vom 16.2.2009 - L 19 AS 62/08). Dieser Erlass ist auch nach dem Inkrafttreten des WoFG weiterhin auf Wohnungen, die seit dem 1.1.2003 nach dem WoFG gefördert worden sind, entsprechend anwendbar, soweit ausdrückliche Regelungen des WoFG nicht entgegenstehen.
3. Nicht maßgeblich ist hingegen der Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr (Wohnraumförderungsbestimmungen - WFB)" vom 3.2.2004 in der geänderten Fassung vom 26.1.2006.
4. Der Senat hat nicht abschließend über die Frage zu befinden, ob sich möglicherweise aus Ziffer 8.2 der am 1.1.2010 in Kraft getretenen Wohnungsnutzungsbestimmungen (WNB) vom 12.12.2009 (Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 12.12.2009), die zum Vollzug der Teile 4 bis 6 des am 1.1.2010 in Kraft getretenen Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG NRW) vom 8.12.2009 (GV NRW 2009, 772) erlassen worden sind, in Fällen in denen es um Zeiträume ab Inkrafttreten des WNB geht, etwas anderes ergeben könnte. Soweit Ziffer 8.2 der WNB für die in einem Wohnberechtigungsschein anzugebende angemessene Wohnungsgröße (jetzt geregelt in § 18 Abs 2 WFNG NRW) nunmehr 50 qm für eine alleinstehende Person bzw 65 qm für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen vorsieht, dürften sich unter Berücksichtigung der Regelungsziele des SGB 2 (ua Grundversorgung der Leistungsberechtigten mit Wohnraum) keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Gesetzgeber für den Bereich des SGB 2 eine sich am Wohnbauförderungsrecht orientierende Dynamisierung beabsichtigt hat.
5. Als Erkenntnisquelle für den angemessenen Mietpreis pro qm kommen insbesondere Mietspiegel bzw Mietdatenbanken (§§ 558cff Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) in Betracht. Ein Mietspiegel nach § 558d BGB, der den Anforderungen der Statistik genügt und auf einer ausreichenden empirischen Grundlage unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des § 558 BGB zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete beruht, ist mit dem BSG als Grundlage für ein schlüssiges Konzept anzusehen (vgl BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 27).
6. Für die Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards ist auf den unteren, jedoch nicht auf den untersten Bereich für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Hilfesuchenden marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen.
7. Ebenso wie das BSG (vgl Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R = BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19) sieht es auch der Senat als vertretbar an, auf Baualtersstufen von Wohnungen abzustellen, die mehr als 20 Jahre alt sind. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht nicht auf die Durchschnittswerte aller Baualtersklassen (so LSG Berlin-Potsdam vom 30.3.2010 - L 28 AS 1266/08), sondern auf die Mindestwerte ohne die Berücksichtigung einfachster Wohnlagen abgestellt hat.
Orientierungssatz
1. Im Bereich des SGB 2 gilt als angemessene Wohnfläche für einen Zweipersonenhaushalt eine solche von 60 qm .
2. Neben der Größe ist als weiterer Faktor für die Angemessenheit der Mietunterkunft der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist.
3. Ein vorhandener Mietspiegel stellt ein schlüssiges Konzept für die Ermittlung der angemessenen Miete dar.
4. Dabei ist auf den unteren, nicht jedoch auf den untersten Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Hilfesuchenden marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen.
5. Nach der abstrakten Prüfung der Angemessenheit von Unterkunftskosten ist im Rahmen einer konkreten Angemessenheitsprüfung festzustellen, ob für den Hilfesuchenden eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich ist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.08.2008 werden zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger für das Berufungsverfahren zu einem Fünftel.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von de...