Entscheidungsstichwort (Thema)

Recht des Rentenversicherungsträgers zur Erhebung von Säumniszuschlägen auf Nachversicherungsbeiträge

 

Orientierungssatz

1. Nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB 4 ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat ein Säumniszuschlag von 1 % des rückständigen, auf 50,- €. nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen.

2. Ein Säumniszuschlag ist nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

3. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen zur Verfügbarkeit von Wissen - sog. Organisationsverschulden - eine Unkenntnis i. S. von § 24 Abs. 2 SGB 4 aus.

4. Ist dem Beitragsschuldner ein Organisationsverschulden zur Last zu legen, so ist er zur Leistungsverweigerung nicht berechtigt, weil er sich auf die Einrede der Verjährung nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB 4 nicht berufen kann. Dem steht eine fahrlässige Nichtdurchführung der Nachversicherung entgegen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 31.05.2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, wobei Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Der Streitwert wird endgültig auf 17.988,50 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht Säumniszuschläge auf Nachversicherungsbeiträge i.H.v. rund 18.000 Euro von der Klägerin verlangen kann.

Der bei der Beklagten versicherte M (nachfolgend: Versicherter) war vom 05.04.1988 bis zum 04.04.1991 Zeitsoldat (Stabsunteroffizier). Als solcher stand er in diesem Zeitraum in einem versicherungsfreien Dienstverhältnis bei der Klägerin und erhielt seine Bezüge von der damals für Besoldungen zuständigen Stelle der Klägerin, dem Wehrbereichsgebührnisamt (WBGA) II in Hannover (später = Wehrbereichsverwaltung (WBV) Nord in Hannover). Der Versicherte schied - ohne Vorliegen eines Aufschubtatbestandes - formal aus diesem Dienstverhältnis zum 04.04.1991 aus; seine Besoldung wurde zum 04.04.1991 eingestellt; ab dem 15.03.1991 war er versicherungspflichtig tätig. Nach der zum Dienstzeitende des Versicherten bestehenden Zuständigkeitsregelung oblag die Durchführung der Beitragszahlung für die Nachversicherung dem WBGA III, Sachgebiet Nachversicherung in Düsseldorf (später = WBV West in Düsseldorf). Das Verfahren zur Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung für ohne Versorgung ausscheidende Soldaten der Bundeswehr war dabei nach Angaben der Klägerin im damaligen Zeitpunkt im Wesentlichen so organisiert, dass das WBGA, das die Dienstbezüge gezahlt hat (hier: das WBGA II in Hannover) prüfen musste, ob für den ausscheidenden Bundeswehrsoldaten eine lebenslängliche Versorgung bestand. Falls nein - wie hier - war das betreffende WBGA (hier das WBGA II in Hannover) verpflichtet, die Nachversicherung des ohne Versorgung ausscheidenden Soldaten zu veranlassen. Dazu musste dieses WBGA das Dienstzeitende an das für die Nachversicherung zuständige WBGA (hier: das WBGA III in Düsseldorf) melden. Die Meldung erfolgte, indem das die Dienstbezüge zahlende WBGA (hier: WBGA II Hannover) eine "Mitteilung zur Nachversicherung" und eine "Bescheinigung über das Diensteinkommen" an das für die Nachversicherung zuständige WBGA (hier WBGA III Düsseldorf) sendete. Die Aktenführung war nach Angaben der Klägerin im damaligen Zeitpunkt im Wesentlichen so organisiert, dass eine Personal-, eine Besoldungs,- und eine Nachversicherungsakte angelegt werden musste.

Vorliegend hielt das Raketenartilleriebataillon 32 in M in einer formularmäßigen "Mitteilung über das Ausscheiden eines Soldaten auf Zeit" vom 07.01.1991 bei den Angaben zur Person des Versicherten fest, dass das "zuletzt für die Zahlung der Dienstbezüge zuständige WBGA" das WBGA II in Hannover sei; in der Mitteilung ist am Ende formularmäßig vorgedruckt: "1. und 2. Ausfertigung an das WBGA (von dem zuletzt Dienstbezüge gezahlt wurden); ergänzt ist hier mit Schreibmaschine: "II Hannover". Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass die Mitteilung der militärischen Einheit vom 07.01.1991 an die besoldende Stelle ging, die dann die Nachversicherungsstelle hätte informieren müssen (Schriftsatz vom 28.03.2011). Nach Eingang der Ausscheidensmitteilung vom 07.01.1991 beim WBGA II in Hannover versäumte dieses jedoch laut Klage- und Berufungsvortrag der Klägerin aus heute nicht mehr zu klärenden Gründen, das damalige WBGA III (Nachversicherung in Düsseldorf) vom Ausscheiden des Versicherten aus dem Dienst zu unterrichten; insofern unterblieb zu diesem Zeitpunkt eine Nachversicherung und es wurde für den Versicherten auch keine Nachversicherungsakte angelegt (Schriftsätze der Klägerin vom 16.03.2010 und 06.02.2014).

Nachdem der Versicherte bei der Beklagten im Rahmen eines im September 2008 eingeleiteten Kontenklärungsverfahrens um Klärung gebeten hatte, ...

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