Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung. rechtliches Gehör. Verhandlungsort. Verhandlungsbeginn. grundsätzliche Unzulässigkeit. Anfechtungsklage verbunden mit Leistungsklage. Ermessensentscheidung. Pflegeversicherung. Aufwendungen bei Verhinderungspflege
Orientierungssatz
1. Eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn der in der Ladung angegebene Ort der mündlichen Verhandlung mit dem Ort, an dem diese tatsächlich stattfand, nicht übereinstimmt.
2. Das rechtliche Gehör wird auch dann verletzt, wenn eine Kammer in Kenntnis des Umstandes, daß der Prozeßbevollmächtigte von auswärts anreist, pünktlich mit der Verhandlung begonnen und nicht eine angemessene Zeit, dh solange dies mit der Einhaltung der Termine vereinbar gewesen wäre, gewartet hat.
3. Eine mit einer Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage ist in der Regel dann unzulässig, wenn die Verwaltung einen Ermessensspielraum hat. Lediglich im Fall einer "Ermessensreduzierung auf Null" kommt eine Verpflichtung zum Erlaß des beantragten Verwaltungsaktes in Betracht (vgl ua BSG vom 4.2.1988 - 11 RAr 26/87 = BSGE 63, 37 = SozR 1300 § 45 Nr 34).
4. Unter "Aufwendungen" iS von § 39 S 5 SGB 11 sind lediglich die infolge der Pflege einer anderen Person tatsächlich entstandenen Kosten zu verstehen. Ein Schadensersatz dafür, daß die Ersatzpflegeperson gehindert war, ihren eigenen Haushalt zu führen, fällt nicht unter diese "Aufwendungen".
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Kosten für Ersatzpflege.
Die in B lebende Klägerin, geboren ... 1910, bezieht Pflegeleistungen nach der Pflegestufe II aus der Sozialen Pflegeversicherung. Sie wurde jahrelang von ihrer ... 1912 geborenen Schwester M B gepflegt. Wegen deren krankheitsbedingter Verhinderung wurde die Klägerin 1996 und 1997 durch eine Ersatzpflegekraft, nämlich ihre Nichte M Z, wohnhaft in O/Bayern, in folgenden Zeiträumen gepflegt:
29.07. bis 02.09.1996
23.03. bis 13.04.1997
27.07. bis 17.08.1997
29.09. bis 12.10.1997
20.12. bis 31.12.1997.
Am 17.02.1998 beantragte die Klägerin die Erstattung der Kosten für die Ersatzpflegekraft Z in Höhe von 7.574,67 DM. Im einzelnen hat die Klägerin die Fahrtkosten der Frau Z, deren Verdienstausfall als Hilfskraft in der Rechtsanwaltskanzlei ihres Ehemannes und je 2.800,00 DM Verhinderungspflegegeld für je vier Wochen in den Jahren 1996 und 1997 geltend gemacht. Mit Bescheid vom 21.04.1998 erstattete die Beklagte Fahrtkosten, Verdienstausfall und Pflegegeld in Höhe von insgesamt 2.482,95 DM. Eine darüber hinausgehende Erstattung lehnte die Beklagte ab, weil die Verhinderungspflege durch eine nicht erwerbsmäßig pflegende Person erbracht worden und deshalb bei der Berechnung von Pflegegeld der Pflegestufe II (800,00 DM) auszugehen sei.
Mit ihrem Widerspruch hat die Klägerin geltend gemacht, es sei nicht korrekt, daß die Beklagte der Ersatzpflegekraft lediglich das in § 37 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) -- Soziale Pflegeversicherung -- vorgesehene Pflegegeld zubillige. Für die häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson gelte § 39 SGB XI, der einen Höchstbetrag der zu erstattenden Aufwendungen von 2.800,00 DM pro Kalenderjahr vorsehe. Vorliegend sei bei der Feststellung der zu erstattenden Aufwendungen zu berücksichtigen, daß die Ersatzpflegekraft neben ihrer wöchentlichen 10-stündigen Arbeit als Kanzleihilfskraft noch als Hausfrau tätig sei. Da sie infolge des Pflegeeinsatzes gehindert sei, ihren 2-Personen-Haushalt zu führen, seien ihr die Kosten für eine Ersatzhaushaltshilfskraft zu erstatten. Bei einer täglichen Hausarbeitszeit von ca. vier Stunden mit einem Stundensatz von 25,00 DM ergebe sich daraus für 28 Tage ein Anspruch auf 2.800,00 DM. Im übrigen sei bei ihr nicht nur ein Hilfebedarf von drei Stunden, sondern wegen Blindheit und völliger Hilflosigkeit rund um die Uhr erforderlich gewesen. Ohne die Hilfe von Frau Z hätte sie voll stationär untergebracht werden müssen, wofür der Beklagten weit höhere als die geltend gemachten Kosten entstanden wären. Hinzu komme, daß bei der Berechnung des Erstattungsbetrages die Beklagte den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege nicht berücksichtigt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.1998 half die Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als sie für vier Tage (erster und letzter Tag der Verhinderungspflege) noch einen Betrag von 106,68 DM leistete. Im übrigen wies sie den Widerspruch unter Hinweis auf § 39 SGB XI in der Fassung des Ersten SGB XI -- Änderungsgesetzes (ÄndG) Danach dürften die Aufwendungen der Pflegekasse den Betrag des Pflegegeldes der festgestellten Pflegestufe nach § 37 Abs. 1 SGB XI nicht überschreiten, wenn die Ersatzpflege durch eine Pflegeperson sichergestellt sei, die nicht erwerbsmäßig pflege. Zwar könnten zusätzlich von der Pflegekasse auf Nachweis notwendige Aufwendungen, die der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Ersatzpflege entstanden seien, übe...