Nachgehend

BSG (Beschluss vom 30.01.2023; Aktenzeichen B 12 KR 25/22 BH)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 24.02.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Festsetzung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung in der Zeit vom 01.09.2016 bis zum 31.12.2019 nach der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage sowie die Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Säumniszuschlägen.

Der 1951 geborene Kläger war seit April 2013 aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung Mitglied der Beklagten. Er bezieht seit dem 01.09.2016 eine Regelaltersrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Die Rente betrug zunächst 359,57 EUR. Der Kläger gab im Rahmen einer Einkommensanfrage an, sein übriger Lebensunterhalt werde durch "den Weihnachtsmann" sichergestellt. Mit Bescheid vom 08.12.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass dieser seit dem 01.09.2016 als Rentner freiwillig versichert sei. Ab diesem Zeitpunkt setzte sie die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge - zugleich im Namen der Pflegekasse - auf Grundlage der seinerzeit geltenden monatlichen Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von 968,33 EUR auf monatlich 170,16 EUR fest (147,40 EUR Krankenversicherungsbeitrag inkl. Zusatzbeitrag von 1%, angewandt auf den gesamten Betrag der Mindestbemessungsgrundlage zzgl. 22,76 EUR Pflegeversicherungsbeitrag). Anlässlich der Anhebung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage auf 991,67 EUR setzte die Beklagte den monatlichen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.01.2017 auf insgesamt 176,20 EUR fest (Beitragsmitteilung aus Januar 2017).

Gegen beide Bescheide legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, die Beitragshöhe bzw. die Bemessungsgrenze sei grob unsozial und verstoße gegen Grundrechte wie Benachteiligung/Diskriminierung, Vermögensschutz und andere. Er sei kein Einwohner der ehemaligen DDR.

Die Widersprüche wies die Beklagte - auch im Namen der Pflegekasse - zurück. Der Kläger habe die Vorversicherungszeit für die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) auch unter Berücksichtigung seiner im Ausland zurückgelegten Versicherungszeiten nicht erfüllt. Rentner, die die Voraussetzungen der KVdR nicht erfüllten, seien nach § 9 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der freiwilligen Krankenversicherung zu versichern. Der Kläger sei daher nunmehr ab Beginn des Rentenbezugs am 01.09.2016 freiwilliges Mitglied der Beklagten. § 240 Abs. 4 S. 1 SGB V lege als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag mindestens den 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße fest. Hierbei handele es sich um die Mindestberechnungsgrundlage für freiwillig Versicherte. Der Gesetzgeber habe eine solche Mindestgrenze eingeführt, um zu vermeiden, dass sich Versicherte zu unangemessen niedrigen Beiträgen versichern können. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in mehreren Urteilen entschieden, dass dieser Mindestbeitrag nicht unterschritten werden dürfe und die Regelung mit Verfassungsrecht vereinbar sei (Widerspruchsbescheid vom 23.05.2017).

Mit seiner hiergegen am 29.05.2017 bei dem SG Köln erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht: Die der Beitragsberechnung zugrunde gelegte Mindestbemessungsgrundlage sei im Verhältnis zu seinem Einkommen grob unsozial und benachteiligend. Sie sei lebensfremd viel zu hoch angesetzt und verstoße gegen die gebotene Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit. Auch die Unterscheidung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten verstoße gegen das Solidarprinzip und widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz. Der Beitragsfestsetzung auf Basis der "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" fehle die verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

1. die Aufhebung der "Mitteilungen zur Beitragshöhe" (Beitragsbescheide) für 2016 vom 08.12.2016 und 2017 vom Januar 2017,

2. die angemessene Neufestsetzung der Mindestberechnungsgrundlage und damit verbunden die Neufestsetzung seiner Beiträge,

3. die Erstattung zu viel gezahlter Beiträge.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden gestützt.

Nach Übermittlung des Einkommenssteuerbescheides für 2016 hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 27.09.2017 mitgeteilt, dass aufgrund seiner Angaben die aktuelle Beitragshöhe unverändert bleibe. Mit einer Beitragsmitteilung aus Januar 2018 hat die Beklagte den ab 01.01.2018 monatlich zu zahlenden Beitrag für die Kranken- Pflegeversicherung auf insgesamt 179,32 EUR festgesetzt.

Unter dem 18.06.2018 hat die Beklagte dem Kläger einen Fragebogen zur Einkommensermittlung übersandt und gebeten, diesen ausgefüllt nebst einem aktuellen Einkommensteuerbescheid zu übersenden. Der Kläger hat daraufhin der Beklagten einen Bescheid der DRV Bund vom 19.05.2018 übermittelt, der einen Zahlbetrag der Altersrente von 378,31 EUR zzgl. e...

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