Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialversicherung. Abgabepflicht. literarische Agentur. Darbietung publizistischer Werke. Übertragung der vom BSG entwickelten Grundsätze zur Künstlersozialabgabepflicht von Konzertdirektionen und Kunsthändlern. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 3 KS 1/18 R

 

Orientierungssatz

1. Es bestehen keine Bedenken, die vom BSG entwickelten Grundsätze zur Künstlersozialabgabepflicht von Konzertdirektionen und Kunsthändlern (vgl BSG vom 20.4.1994 - 3/12 RK 33/92 = SozR 3-5425 § 24 Nr 5 und BSG vom 16.9.1999 - B 3 KR 7/98 R) auf Literaturagenturen zu übertragen, deren wesentlicher Zweck es ist, für die Darbietung publizistischer Werke zu sorgen (vgl BSG vom 30.9.2015 - B 3 KS 1/14 R = SozR 4-5425 § 24 Nr 17).

2. Aus Geschäften, die die Voraussetzungen des § 25 Abs 3 KSVG nicht erfüllen, kann nicht rückgeschlossen werden, dass gar keine Abgabepflicht dem Grunde nach gem § 24 KSVG vorliegt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.03.2019; Aktenzeichen B 3 KS 1/18 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.2.2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 9.215,20 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Abgabepflicht der Klägerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Mindestens seit dem Jahre 2000 bietet die Klägerin literarische Werke von Autoren aus der Russischen Föderation, Weißrussland und der Ukraine nach eigener Auswahl verschiedenen Verlagen sowohl in Deutschland als auch im Ausland an. Der Autor verfasst zu diesem Zweck ein Exposé. Dies wird meist in russischer Sprache an die Klägerin gesandt, da nur einige der Autoren der englischen Sprache hinreichend mächtig sind. Die Klägerin, in selteneren Fällen der Autor selbst, lässt das Exposé ins Englische übersetzen und schickt dies an ausgewählte Verlage. Zeigt ein Verlag näheres Interesse, erhält er von der Klägerin ein Manuskript. Ein ggf. seitens eines Verlags unterbreitetes Angebot leitet die Klägerin an den Autor weiter. Sie handelt nach Absprache mit dem Autor den Vertrag aus. Der Autor entscheidet selbst, ob er den Vertrag abschließt und unterzeichnet diesen selbst. Kommt ein Vertrag zu Stande, erhält die Klägerin von dem Autor eine mit ihm zuvor vereinbarte Provision. Der Verlag übernimmt Bewerbung, Layout, Druck und Verkauf des Werks. Die Verlage überweisen die den Autoren zustehenden Honorare in der Regel direkt an diese. In einigen Fällen übernimmt die Klägerin das Inkasso des Honorars und überweist es nach Abzug ihrer Provision an den Autor. Hin und wieder leitet sie auch die den Autoren vertraglich zustehenden Gratisexemplare von den Verlagen an diese weiter, da die Verlage Porto ersparen wollen. Im Jahr 2010 erzielte die Vertreterin der Klägerin ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit i.H.v. 9.060,- EUR (Einkommensteuer-Bescheid vom 8.8.2011).

Mit den Autoren schließt die Klägerin "Vertretungsverträge". In den von der Klägerin beispielhaft vorgelegten Vertretungsverträgen aus den Jahren 2000 und 2001, die nach den Angaben der Klägerin auch später noch so formuliert worden sind, wird die Klägerin vom Autor exklusiv für einen bestimmten Zeitraum (i.d.R. ein Jahr lang) beauftragt, das Werk zu präsentieren. Der Autor bevollmächtigt die Klägerin, in allen Angelegenheiten, die sich aus dem Vertrag ergeben, in seinem Namen zu handeln und verpflichtet sich, ihr 15% von allen unter diesem Vertrag fällig werdenden Geldern als Provision zu zahlen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Vertretungsverträge wird auf Bl. 100 ff der Gerichtsakte nebst der deutschsprachigen Übersetzung Bezug genommen.

Zwischen den Autoren und Verlagen werden "Lizenzverträge" geschlossen. In den beispielhaft von der Klägerin für die Jahre 2005-2007 übersandten Lizenzverträgen bevollmächtigt der Autor die Klägerin, in allen Angelegenheiten in Verbindung mit diesem Vertrag in seinem Namen zu handeln. Des Weiteren ist geregelt, dass Klägerin und Autor eine bestimmte Anzahl an Gratisexemplaren zustehen und die Klägerin 10-30 % Vergütung von allen aus dem Lizenzvertrag zahlbaren Geldern erhält. Teilweise sollen nur die Zahlung der Provision, teilweise alle Zahlungen auf das Konto der Klägerin geleistet werden. In letzterem Fall ist zusätzlich vereinbart, dass die Klägerin alle dem Autor aus dem Vertrag zustehenden Gelder vereinnahmen soll. In diesen Fällen beträgt die Provision mindestens 20%. Als Gerichtsstand ist immer Köln vereinbart. Zu weiteren Einzelheiten der Lizenzverträge wird auf Bl. 34 ff der Verwaltungsakte nebst der deutschsprachigen Übersetzung verwiesen.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 10.5.2010 stellte die Beklagte die Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSVG als "sonstiger Verlag" fest.

Mit Bescheid vom 11.8.2010 schätzte die Beklagte die Künstlersozialabgabe (KSA) für die Jahre 2005 bis 2009 und se...

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