Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Wegfall des zusätzlichen Barbetrags des § 21 Abs 3 S 4 BSHG bei stationärer Unterbringung ab 1.1.2005. neunmonatige Unterbrechung. Übergangsregelung des § 133a SGB 12

 

Orientierungssatz

1. § 133a SGB 12 trägt als Übergangsvorschrift dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes und damit der Verhältnismäßigkeit Rechnung. Mit der Vorschrift sollte also lediglich den Personen, die sich auf die bestehende Regelung bereits tatsächlich eingestellt hatten, der erhöhte Barbetrag erhalten bleiben (vgl BSG vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 10/06 R = BSGE 101, 217 = SozR 4-3500 § 133a Nr 1). Aus dieser Zwecksetzung und der Formulierung "weiter erbracht" in § 133a SGB 12 ist zu schließen, dass eine Unterbrechung zum Anspruchsausschluss führt. Der zusätzliche Barbetrag ist damit abhängig vom Fortbestand des Anspruchs auf den Barbetrag dem Grunde nach.

2. Selbst wenn kurze Unterbrechungen unbeachtlich sein dürften, so führt - wie hier - eine neunmonatige Unterbrechung zum Wegfall des zusätzlichen Barbetrags.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 29.10.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung eines sozialhilferechtlichen Zusatzbarbetrages.

Der 1953 geborene Kläger leidet an einer psychischen Behinderung infolge einer Suchterkrankung. Er war vom 10.11.1997 bis zum 31.05.2007 in verschiedenen Einrichtungen der Wohnungslosen-, Suchtkranken- und psychiatrischen Hilfen stationär untergebracht. Die Kosten hierfür übernahm der Beklagte, u.a. mit Bescheid vom 16.11.2004. Bis 31.05.2007 gewährte er in diesem Rahmen neben einem monatlichen Barbetrag auch einen monatlichen Zusatzbarbetrag von 27,55 EUR. Der Kläger bezog und bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung von - im Juli 2008 - 829,88 EUR monatlich.

In der Zeit vom 01.06.2007 bis 10.03.2008 lebte der Kläger in einer eigenen Wohnung. Der Beklagte übernahm hierfür mit Bescheid vom 09.05.2007 die Kosten für die Leistungen des ambulant betreuten Wohnens bzw. der ambulanten Eingliederungshilfe zum selbständigen Wohnen. Mit Bescheid vom 11.04.2007 hatte der Beklagte dem Kläger im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) eine "Starthilfe" von 2.620 EUR gewährt. Diese "Starthilfe" setzte sich aus einer Beihilfe für Hausrat und Mobiliar sowie zur Renovierung von 1.176 EUR sowie aus einem "Anreiz für den Wechsel von einer stationären Betreuung zu einer ambulanten Alternative" von 824 EUR zusammen, ferner aus einer Kautionsübernahme (350 EUR) und der Übernahme der Miete für Juni 2007 (270 EUR).

Seit dem 11.03.2008 war der Kläger sodann wieder vollstationär in einer Einrichtung untergebracht. Auf seinen an diesem Tag gestellten Antrag übernahm der Beklagte mit Bescheid vom 24.06.2008 für die Zeit vom 11.03.2008 bis 10.03.2009 die hierdurch entstehenden Kosten. Daneben gewährte er dem Kläger einen Barbetrag in Höhe von 93,69 EUR und seit dem 01.07.2008 in Höhe von 94,77 EUR. Die Erhöhung des Barbetrages zum 01.07.2008 erfolgte ohne Erlass eines schriftlichen Bescheids. Einen Zusatzbarbetrag gewährte der Beklagte nicht.

Mit seinem Widerspruch vom 27.06.2008 machte der Kläger geltend, dass er auch weiterhin einen Anspruch auf einen Zusatzbarbetrag habe. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2008 als unbegründet zurück. Der Zusatzbarbetrag sei zum 01.01.2005 abgeschafft worden sei. Die Übergangsregelung des § 133a SGB XII gelte wegen der Leistungsunterbrechung nicht. Der Kläger sei am 31.05.2007 aus der Heimbetreuung ausgeschieden. Am 11.03.2008 habe sodann eine neue Heimaufnahme vorgelegen.

Hiergegen hat der Kläger am 03.09.2008 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben.

Er hat die Auffassung vertreten, nach dem Wortlaut des § 133a SGB XII habe er einen Anspruch auf den Zusatzbarbetrag, weil ihm dieser über den 31.12.2004 hinaus gewährt worden sei. Die Leistungsunterbrechung infolge seiner Entlassung aus der Einrichtung sei unerheblich, weil alleiniges Prüfkriterium sei, ob zum 31.12.2004 ein Anspruch auf den Zusatzbarbetrag bestanden habe. Er könne nicht als "neuer" Heimbewohner klassifiziert werden, weil er zuvor bereits lange Jahre vollstationär untergebracht gewesen sein. Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn man ihm den Anspruch verweigere, weil er den Versuch der Selbständigkeit unternommen und den Beklagten damit entlastet habe. Es habe sich herausgestellt, dass er nicht in der Lage sei, ein selbständiges Leben zu führen. Dieser Versuch könne kein Grund dafür sein, ihm den Anspruch auf Zahlung des Zusatzbarbetrages streitig zu machen. Bei ihm sei der Anspruch für einige Monate ausgesetzt gewesen, weil er selbständig eine Wohnung angemietet habe. Hätte der Gesetzgeber Fälle wie den vorliegenden nicht von der Übergangsregelung erfassen wollen, hätte er eine andere...

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