Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen einen nach einem Betriebsprüfungsverfahren erlassenen Beitragsbescheid
Leitsatz (amtlich)
1. Das Gericht hat auf Antrag eines Beteiligten durch Beschluss festzustellen, ob einem Widerspruch oder einer Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung zukommt, wenn hierüber Streit besteht.
2. Die in § 7a Abs 7 S 1 SGB 4 angeordnete aufschiebende Wirkung von Widerspruch und (Anfechtungs-)Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt, gilt auch für Entscheidungen der Einzugsstellen gemäß § 28h Abs 2 S 1 SGB 4 und der Rentenversicherungsträger gemäß § 28p Abs 1 S 5 SGB 4, wenn auch über das Vorliegen einer Beschäftigung befunden wird.
Normenkette
SGG § 86a Abs. 1, 2 Nr. 1; SGB IV § 28h Abs. 2 S. 1, § 28p Abs. 1 S. 5, § 7a Abs. 7 Sätze 1, 3
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 22.08.2013 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf € 12.159,86 festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Feststellung, hilfsweise die Herstellung, der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage.
Nach einer bei dem Antragsteller durchgeführten Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Viertes Buch - (SGB IV) stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 13.11.2012 fest, die sozialversicherungsrechtliche Status-feststellung nach § 7 Abs. 1 SGB IV habe ergeben, dass der Waldfacharbeiter J… (J.T.) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden sei. Es habe sich nicht um eine selbstständige Tätigkeit gehandelt. Für den Prüfzeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2010 ergebe sich für den Antragsteller die Verpflichtung, Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie Umlagebeiträge nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs bzw. des Aufwendungsausgleichsgesetzes in Höhe von € 48.639,42 nachzuzahlen.
Den Widerspruch des Antragstellers wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2013 zurück.
Zuvor hatte sie den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 13.11.2012 abgelehnt (Mitteilung vom 04.03.2013).
Der Antragsteller hat bei dem Sozialgericht Koblenz am 13.08.2013 Klage erhoben und außerdem beantragt, festzustellen, dass die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2013 aufschiebende Wirkung hat, hilfsweise, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Der Antragsteller hat geltend gemacht, § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV bestimme, dass Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliege, aufschiebende Wirkung hätten. Diese Vorschrift gelte nicht nur für Statusverfahren nach § 7a Abs. 1 SGB IV, sondern auch für andere Verwaltungsentscheidungen, die eine Statusentscheidung beinhalteten. § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV sei gegenüber § 86a Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lex specialis.
Die Antragsgegnerin hat die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt, weil sie § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV nicht für Verwaltungsentscheidungen, die im Rahmen des § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen worden seien, für anwendbar hält.
Das Sozialgericht Koblenz hat durch Beschluss vom 22.08.2013 festgestellt, dass die Klage des Antragstellers vom 13.08.2013 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.11.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2013 aufschiebende Wirkung hat. Das Sozialgericht hat ausgeführt, der Feststellungsantrag sei zulässig. Bei Zweifeln am Vorliegen der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage sei das Rechtsschutzbedürfnis an einer gerichtlichen Klärung zu bejahen, wenn die Behörde nicht von einer aufschiebenden Wirkung ausgehe. Der Antrag sei auch begründet, weil die Klage aufschiebende Wirkung habe. Nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG komme Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung zu. Die aufschiebende Wirkung entfalle nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG unter anderem bei einer Entscheidung über die Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Der angefochtene Bescheid enthalte zwar eine Beitragsnacherhebung. Er stelle allerdings als Voraussetzung hierfür den Status des Mitarbeiters J.K. als versicherungspflichtig Beschäftigter fest. Deshalb komme der von dem Antragsteller erhobenen Anfechtungsklage hinsichtlich der statusrechtlichen Entscheidung grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu. Dieser vorläufige Rechtsschutz könne nicht dadurch entfallen, dass von der Antragsgegnerin zusätzlich Beiträge nachgefordert worden seien. § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV sei gegenüber § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG lex specialis. Nach der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift gelte sie nicht nur...