Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Mainz vom 4.2.2021 - L 5 KR 167/20, das vollständig dokumentiert ist.
Nachgehend
Tenor
1.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 21.10.2020 wird zurückgewiesen.
2.Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
3.Die Revision wird zugelassen.
4.Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.677,73 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung. Im Streit steht dabei nur noch die Frage, ob der Vergütungsanspruch der Klägerin aufgrund von § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 der am 01.09.2014 in Kraft getretenen Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV 2014) gemäß § 17c Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) ausgeschlossen ist.
Die Klägerin ist Trägerin des nach § 108 SGB V zugelassenen H -J - Krankenhauses in D . Dort wurde vom 14.01.2015 bis 16.01.2015 der bei der Beklagten versicherte N L (geboren 1941; im Folgenden: Versicherter) wegen einer Dyspnoe behandelt.
Die Klägerin stellte der Beklagten am 20.01.2015 insgesamt 1.677,73 € in Rechnung. Dabei brachte sie die Fallpauschale (Diagnosis Related Group (DRG)) E69E (Bronchitis und Asthma bronchiale, Alter ) 5 Jahre, ein Belegungstag oder Alter ) 5 Jahre und Alter ( 56 Jahre, ohne äußerst schwere oder schwere CC oder Beschwerden und Symptome d. Atmung ohne komplexe Diagnose, Alter ) 15 Jahre oder bei Hyperventilation) in Ansatz. Die Beklagte beglich die Rechnung unter Vorbehalt und beauftragte wegen Zweifeln an der Notwendigkeit der stationären Behandlung ihren Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit der Vollüberprüfung der Notwendigkeit der stationären Behandlung. Mit Prüfanzeige vom 19.02.2015 bat der SMD um Übersendung der zur Überprüfung notwendigen Unterlagen. Insbesondere würden benötigt: Entlassungsbericht (mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf), Aufnahmebefund (Status und Anamnese), Arztverlaufsdokumentation, Pflegebericht und Verlaufskurve. Weiter hieß es: „Des Weiteren bitten wir Sie um Übersendung aller notwendigen Unterlagen, die Ihres Erachtens nach ergänzend zur Aufklärung des Sachverhaltes erforderlich sind“. Könne man bis zum 19.03.2015 keine Antwort verzeichnen, werde man den Vorgang an die Verwaltung zurückgeben. Am 26.03.2015 teilte die Beklagte der Klägerin unter Verweis auf § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV 2014 mit, dass sie aufgrund der fehlenden Übermittlung der Unterlagen davon ausgehe, dass im vorliegenden Fall keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit bestanden habe. Eine Prüfung der am 24.03.2015 beim SMD eingegangenen Unterlagen fand nicht statt. Am 10.04.2015 rechnete die Beklagte den vollen Rechnungsbetrag in Höhe von 1.677,73 € mit einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin auf.
Die Klägerin hat am 04.12.2019 beim Sozialgericht (SG) Koblenz Klage auf Zahlung von 1.677,73 € nebst Zinsen erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV 2014 keine Ausschlussfrist zu entnehmen sei. Die stationäre Behandlung des Versicherten sei notwendig gewesen und korrekt abgerechnet worden. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Zwar habe sie keine materiell-rechtlichen Einwände gegen die Abrechnung mehr, sie werde aber die verspätet vorgelegten Unterlagen wegen der auch im gerichtlichen Verfahren beachtlichen Ausschussfrist des § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV 2014 nicht gegen sich gelten lassen (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 11.11.2019 - B 1 KR 33/18 R und Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.11.1975 - III R 164/73).
Durch Urteil vom 21.10.2020 hat das SG Koblenz die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.677,73 € nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 10.04.2015 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zu Unrecht mit anderen und unstreitigen Vergütungsforderungen der Klägerin aufgerechnet, da die Beklagte keinen Erstattungsanspruch geltend machen könne. Es sei eine stationäre Krankenhausbehandlung durchgeführt worden, die in ihrer gesamten Dauer notwendig gewesen sei. Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der Abrechnung seien nicht ersichtlich und nicht geltend gemacht worden. Der Vergütungsanspruch sei nicht aufgrund eines eventuellen Verstoßes gegen die PrüfvV 2014 nachträglich untergegangen. § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 regele keinen endgültigen Vergütungsausschluss zulasten der Krankenhäuser (Hinweis unter anderem auf Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.08.2020 - L 5 KR 239/19). Die Vier-Wochen-Frist in § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV 2014 habe das Krankenhaus während der MDK- bzw. SMD-Prüfung einzuhalten. Die Frist diene der Verfahrensbeschleunigung, um die Prüfdauer insgesamt zu begrenzen. Die Nichteinhaltung dieser Frist beende das Prüfverfahren. Ein endgültiger Verlust des streitigen...