Leitsatz (amtlich)
1. Ein Vertragsarzt steht nicht in ausreichendem Umfang für die kassenärztliche Versorgung zur Verfügung, wenn er daneben eine Tätigkeit von mehr als 13 Stunden wöchentlich in einem Krankenhaus verrichtet. Dies gilt auch für Ärzte ohne häufigen Patientenkontakt (hier: Facharzt für Humangenetik) und auch dann, wenn die betreffende Arztgruppe nicht der Bedarfsplanung unterliegt.
2. Im Rahmen der Prüfung, ob die Entziehung der Zulassung verhältnismäßig ist, kann der Umstand mitberücksichtigt werden, dass der Arzt nach Beseitigung des Hindernisses für die Zulassung jederzeit erneut eine Zulassung beantragen kann, weil es für die Arztgruppe keine Zulassungssperre gibt.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 2.6.2004 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit einer auf § 27 iVm § 20 der Ärztezulassungsverordnung (Ärzte-ZV) gestützten Entziehung der Vertragsarztzulassung.
Der 1950 geborene Kläger ist Facharzt für Humangenetik. Er arbeitet seit 1995 an der Universitätsklinik B , wo er stellvertretender Leiter der Abteilung Medizinische Genetik und zuständig für phylogenetische und pränatale Diagnostik ist. Seinen Arbeitsumfang hat er dort seit 1997 auf 50 vH der regulären Arbeitszeit reduziert. 1989 hat er die Lehrbefugnis erhalten. Sein Hauptwohnsitz befindet sich in O. (Schweiz).
Auf den Antrag des Klägers ließ ihn der Zulassungsausschuss für Ärzte im Bereich Rheinhessen mit Beschluss vom 25.11.1996 mit Wirkung ab dem 1.1.1997 zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Facharzt für Humangenetik mit Arztsitz in I. zu. Gleichzeitig wurde ihm, gestützt auf § 24 Abs 2 Ärzte-ZV die Auflage erteilt, seine Wohnung so zu wählen, dass er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung stehe. Eine Überprüfung der Einhaltung dieser Auflage erfolgte nicht.
Im Zusammenhang mit einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren erfuhr die Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Rheinhessen in, dass der Kläger unverändert neben seiner vertragsärztlichen Tätigkeit in I. als stellvertretender Leiter der Abteilung medizinische Genetik an der Universitätsklinik B. tätig und nur an einzelnen Tagen in der Woche in I. anwesend sei. Unter Bezugnahme auf § 20 Abs 1 Ärzte-ZV kündigte die KÄV Rheinhessen mit Schreiben vom 14.4.2000 gegenüber dem Kläger an, einen Antrag auf Entziehung seiner Zulassung zu stellen. In einer Stellungnahme hierzu erklärte der Kläger, er beabsichtige, sich eine Wohnung in I oder in der näheren Umgebung zu nehmen; er werde künftig eine regelmäßige Anwesenheit in I an zwei Tagen wöchentlich nicht unterschreiten.
Mit Beschluss vom 24.5.2000 (aufgrund der Sitzung am 15.5.2000) beschloss der Zulassungsausschuss für Ärzte im Bereich Rheinhessen auf Antrag der KÄV Rheinhessen, die dem Kläger erteilte kassenärztliche Zulassung zu entziehen. Zur Begründung hieß es: Bei seiner ursprünglichen Entscheidung sei der Zulassungsausschuss davon ausgegangen, dass der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis in der Schweiz beenden werde. Allerdings habe der Zulassungsausschuss in seinem Beschluss vom 25.11.1996 nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass das Fortbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses in dem angegebenen Umfang einer Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit entgegenstehe. Es wäre richtig gewesen, die Zulassung gemäß § 20 Abs 3 Ärzte-ZV unter der Bedingung zu erteilen, dass der der Eignung entgegenstehende Grund spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt beseitigt werde, in dem die Entscheidung über die Zulassung unanfechtbar werde. Dieser formale Fehler könne jedoch nicht dazu führen, dass die Zulassung weiter Bestand habe. Der Kläger sei während des Fortbestandes seines Beschäftigungsverhältnisses als stellvertretender Leiter der Abteilung Medizinische Diagnostik an der Universitätskinderklinik B als Vertragsarzt nicht geeignet iSd § 20 Abs 1 Ärzte-ZV, weil er für die Versorgung der Versicherten nicht in erforderlichem Maße persönlich zur Verfügung stehe. Die mittlere Bearbeitungszeit der Untersuchungen in der Chromosomen-Diagnostik liege bei 8 Tagen. Während dieser Zeit fielen kontinuierlich Beobachtungs-, Überwachungs- und Beurteilungsvorgänge an, die vom Arzt persönlich zu erbringen seien. Dazu gehöre neben der ärztlichen Untersuchungsentscheidung und der abschließenden Beurteilung die kontinuierliche Überwachung des Bearbeitungsprozesses. Erfolge dies nicht durch den Arzt selbst, liege keine persönliche Leistungserbringung im Sinne des Vertragsarztrechts vor, mit der Folge, dass derartige Leistungen nicht abrechnungsfähig seien. Wenn auch möglicherweise durch moderne IT-Kommunika...