Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung eines durch die Veräußerung des landwirtschaftlichen Unternehmens erzielten Übergangsgewinns auf eine Hinterbliebenenrente aus der Alterssicherung der Landwirte
Leitsatz (amtlich)
Hat das zuständige Finanzamt einen von der Witwe eines Landwirts im Zusammenhang mit der Aufgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens erzielten Übergangsgewinn bei der Veranlagung zur Einkommensteuer auf mehrere Jahre verteilt, wirkt sich diese Entscheidung gemäß § 15 Abs 1 S 2 SGB 4 bei der Anrechnung des Übergangsgewinns auf die Witwenrente aus der landwirtschaftlichen Altersversicherung aus.
Orientierungssatz
Zu dem Begriff "Einkommensteuerrecht" in § 15 SGB 4 können nicht nur Gesetze und Verordnungen, sondern auch Entscheidungen im Einzelfall gezählt werden, in denen nicht nur aufgrund der gegebenen Rechtslage entschieden wird, sondern eine konstitutive Festsetzung erfolgt (vgl LSG Bremen vom 5.12.1997 - L 2 Lw 1/96).
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 06.04.2004 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung des Verkaufserlöses eines landwirtschaftlichen Unternehmens auf die Witwenrente der Klägerin aus der landwirtschaftlichen Alterssicherung.
Die 1942 geborene Klägerin ist die Witwe des 1938 geborenen und 2000 verstorbenen F B (B). B war bis zu seinem Tod als landwirtschaftlicher Unternehmer versicherungspflichtig in der landwirtschaftlichen Alterssicherung. Aufgrund eines im Juni 2000 gestellten Antrages bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 09.11.2000 der Klägerin ab 01.08.2000 Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes, der Zahlbetrag betrug 695,43 DM.
Das von B betriebene landwirtschaftliche Unternehmen wurde nach Angaben der Klägerin veräußert. Die Einnahmen wurden steuerrechtlich auf die Jahre 1999 bis 2002 verteilt (1999: 16,66 % = 18.860,-- DM; 2000: 33,33 % = 37.719,-- DM; 2001: 33,33 % = 37.719,-- DM und 2002: 16,66 % = 18.860,-- DM) und als Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft behandelt. Für das Jahr 1999 ging das zuständige Finanzamt von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft bei B von 7.708,-- DM und bei der Klägerin von 34.663,-- DM aus. Gemäß dem Einkommensteuerbescheid vom 27.06.2001 für das Jahr 2000 erzielte die Klägerin in diesem Jahr 41.546,-- DM als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, für das Jahr 2001 belief sich der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft gemäß dem Einkommensteuerbescheid vom 21.11.2002 auf 38.832,-- DM.
Nachdem die Beklagte im März 2003 die Einkommensteuerbescheide der Klägerin für die Jahre 1999 bis 2001 erhalten hatte, setzte sie mit Bescheid vom 03.04.2003 die Witwenrente der Klägerin ab Oktober 2000 unter Berücksichtigung der in den Steuerbescheiden enthaltenen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft neu fest. Hierdurch verringerte sich der Zahlbetrag der Witwenrente erheblich, für die Zeit bis zum 30.04.2003 ergab sich eine Überzahlung von 5.645,57 €.
Die Klägerin legte Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, der Aufgabegewinn sei im Kalenderjahr 1999/2000 angefallen und daher nur in diesem Zeitraum zu erfassen. Die Verteilung auf die Folgejahre sei lediglich aus steuerlichen Gründen erfolgt. Eine Berücksichtigung des Aufgabegewinnes bei der Ermittlung der Witwenrente scheide daher aus, da nur die tatsächlich zufließenden Einnahmen zu berücksichtigen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) solle ein Verwaltungsakt bei Erzielen von Einkommen, das zur Minderung oder zum Wegfall des Anspruches geführt habe, rückwirkend aufgehoben werden. Auf ein Verschulden komme es dabei nicht an. Ausschlaggebend sei allein das tatsächliche Erzielen. Gründe, die die Alterskasse ausnahmsweise hätten veranlassen können, trotz der einer Mussvorschrift angenäherten Sollvorschrift auf die regelmäßig anzustrebende Aufhebung zu verzichten, seien weder vorgetragen noch aus dem Akteninhalt erkennbar. Es liege kein atypischer Fall vor. Der Fall, dass nach Erlass eines Verwaltungsaktes Einkommen erzielt werde, das zum Wegfall oder zur Minderung des im Bescheid zuerkannten Anspruches führe, sei gerade ein vom Gesetz ausgestalteter Regelfall. Erfolge - wie vorliegend - die steuerliche Behandlung des Arbeitseinkommens gemäß § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG), seien diese Einnahmen gemäß § 15 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) als Einkommen zugrunde zu legen. Damit entspreche das Arbeitseinkommen den Beträgen, die in den jeweiligen Einkommensteuerbescheiden als Summe der Einnahmen aus der Land- und Forstwirtschaft ausgewiesen seien. Der Erstattungsanspruch ergebe sich aus § 50 SGB X. Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Koblenz (SG) mit Urteil vom 06.04.2004 abgewiesen. Zur Begründun...