Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 30.05.1983; Aktenzeichen S 4 Ar 270/82) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 30. Mai 1983 aufgehoben:
Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. März 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. September 1982 wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der Berufung wehrt sich die Beklagte gegen die Verurteilung, dem Kläger Arbeitslosengeld (Alg) vom 1. Januar bis 31. August 1982 zu zahlen sowie Pflichtbeiträge an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) abzuführen.
Der 1930 geborene Kläger ist Ingenieur und arbeitete bis Ende 1981 für die Firma Transporttechnik und Apparatebau GmbH (im folgenden: GmbH) in H./S. Handelnd für die GmbH schlossen deren Gesellschafter, die Ehefrau des Klägers und seine beiden minderjährigen Kinder G. und R. die ihre Anteile aus dem ursprünglich dem Kläger allein gehörenden Stammkapital der GmbH von 20.000,– DM von ihm im Wege der Schenkung erhielten, am 11. April 1972 mit dem Kläger einen Geschäftsführer-Vertrag. Danach wurde der Kläger mit Wirkung vom 1. Januar 1972 auf die Dauer von 20 Jahren zum alleinvertretungsberechtigten, die selbständige und eigenverantwortliche kaufmännische und betriebstechnische Leitung der Firma übernehmenden Geschäftsführer bestellt, der die GmbH nach außen vertrat und dessen Geschäftsführerbefugnis sich auch auf über den gewöhnlichen Geschäftsverkehr hinausgehende außerordentliche Geschäfte erstreckte (§§ 1, 2 Geschäftsführer-Vertrag). Das Geschäftsführer-Entgelt setzte sich zusammen aus einem sich im Laufe der Jahre von 3.000,– DM (ab Januar 1974) bis Anfang 1981 auf 10.300,– DM steigernden Gehalt, aus Tantieme, einer Pkw-Nutzung sowie aus einer Altersversorgung bei vorzeitiger Berufsunfähigkeit bzw. Invalidität in Form einer Pension nach dem zusätzlich abgeschlossenen Pensionsvertrag vom 13. März 1980, dessen Abfindungs-Höhe der Kläger mit 258.000,– DM bezifferte.
Nach Beendigung der Geschäftsführer-Tätigkeit am 31.12.1981 meldete sich der Kläger am 8. Januar 1982 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Mit Bescheid vom 10. März 1982 lehnte das Arbeitsamt Neuwied diesen Antrag ab, weil der Kläger nicht innerhalb der Rahmenfrist, der letzten drei Jahre vor der Arbeitslosmeldung, mindestens 360 Kalendertage in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden habe.
Der Widerspruch des Klägers mit der Auffassung, er sei an der Gesellschaft nicht beteiligt, sondern bei ihr nur als Angestellter beschäftigt gewesen, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 8. September 1982), weil die objektiven Umstände überwiegend gegen eine abhängige Beschäftigung als Arbeitnehmer sprächen und somit mangels einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung die Anwartschaft zeit für den begehrten Anspruch nicht erfüllt sei.
Im Klageverfahren vertrat der Kläger, der ab September 1982 ein selbständiges Beratungsbüro betreibt, weiterhin die Auffassung, er habe ab Januar 1972 als Geschäftsführer bei der GmbH eine unselbständige Tätigkeit ausgeübt, für die bis zuletzt Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abgeführt worden seien. Mit Rücksicht auf letzteren Umstand könne er sich auf Vertrauensschutz berufen; es gehe nicht an, daß die Bundesanstalt für Arbeit sein Beschäftigungsverhältnis rechtlich anders bewerte als die Krankenkasse und der Rentenversicherungsträger.
Nachdem das Sozialgericht Koblenz die Allgemeine Ortskrankenkaase (AOK) Altenkirchen und die BfA in Berlin beigeladen hatte, die mit Rücksicht auf die im Jahre 1973 von der AOK durchgeführte Betriebsprüfung und Feststellung seiner abhängigen Beschäftigung übereinstimmend von einer Beitragspflicht des Klägers ausgehen, hat es durch Urteil vom 30. Mai 1983 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 1. Januar bis 31. August 1982 Alg zu zahlen sowie die Pflichtbeiträge an die BfA abzuführen. Hierzu hat es im wesentlichen ausgeführt, zwar sei der Kläger wohl nicht versicherungspflichtig tätig gewesen, da er wohl nicht abhängig beschäftigt gewesen sei; denn obgleich er keinen Geschäftsanteil inne gehabt habe, könne bei realistischer Betrachtung der Dinge kaum ernsthaft angenommen werden, er sei von seiner Ehefrau als der Mehrheitsgesellschafterin oder von seinen Söhnen als Mitgesellschafter abhängig gewesen, die Realität sehe vielmehr so aus, daß er innerhalb des Betriebes allein bestimmend war. Gleichwohl müsse hinsichtlich der Anwartschaftszeit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis deswegen angenommen werden, weil der Kläger sich auf den Vertrauensschutz berufen könne. Er sei nämlich nicht nur von der AOK als Einzugsstelle zur Beitragszahlung veranlasst worden; vielmehr habe im Jahre 1973 eine Betriebsprüfung stattgefunden mit der Nachveranlagung als abhängig Beschäftigter ab 1. Januar 1972. Diese Entscheidung sei ein begünstig...