nicht-rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Privatwagen. Fahrt-. Gefälligkeit. Besorgung. Ersatzteile. Helfer. Versicherungsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

Wer mit seinem eigenen Kraftwagen andere Personen in deren Interesse befördert – entgeltlich oder unentgeltlich, auf Grund verpflichtender Zusage oder unverbindlicher Bereiterklärung –ist grundsätzlich einem Unternehmer (z.B. Taxi) und nicht einem Arbeitnehmer vergleichbar. Von einer „Pannenhilfe” kann nur bei der Befreiung aus einer akuten Bedrängnis im Straßenverkehr die Rede sein, jedoch nicht, wenn jemand einen anderen, der seinen reparaturbedürftigen Pkw zu Hause stehen läßt, zu einem Ersatzteillager fährt.

 

Normenkette

RVO § 539 Abs. 1 Nrn. 1, 9, Abs. 2, § 658 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 1504 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 03.02.1981; Aktenzeichen S 2 U 62/80)

 

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 3. Februar 1981 wird zurückgewiesen.

2. Auch im Berufungsverfahren sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erstattung ihrer Aufwendungen für eines ihrer Mitglieder.

Der am …1958 geborene, in der … straße … in V./… wohnende K. L. war als Betriebsschlosser bei der M.-Metall-H. GmbH & Co in N./… beschäftigt und bei der Klägerin krankenversichert (Versicherter). Der mit ihm befreundete, in der R. straße … in V. wohnende E. benötigte einen Radbremszylinder für seinen Personenkraftwagen. Er bat den Versicherten, ihn mit dessen Pkw zum Ersatzteillager S. in L.-Q. zu fahren. Auf dem Wege dorthin wurden beide verletzt, als der Versicherte am Mittwoch des 23. November 1977 gegen 18 Uhr hinter E. auf der Kreuzung mit der Bundesstraße … mit einem vorfahrtsberechtigten Pkw zusammenstieß. Wegen Gehirnerschütterung und Schleudertrauma der Halswirbelsäule wurde der Versicherte bis zum 28. November 1977 im Städtischen Krankenhaus L. stationär und anschließend mit Arbeitsunfähigkeit bis 18. Dezember 1977 von seinem Hausarzt Dr. F. in E. ambulant behandelt. Die Klägerin zog die den Verkehrsunfall betreffenden Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Landau bei, befragte den Versicherten und seinen Freund E. S. nach der Vorgeschichte der damaligen Fahrt und meldete sodann mit Schreiben vom 31. August 1979 einen „Ersatzanspruch nach § 1504 RVO” bei der Beklagten an. Sie meinte, der Versicherte habe für seinen Freund S. eine arbeitnehmerähnliche Leistung erbracht. Es könne doch jeder private Kraftfahrzeughalter einen Fahrer beschäftigen. Dieser bleibe auch dann Arbeitnehmer, wenn er aus besonderem Anlaß seinen Arbeitgeber zwischendurch mit seinem eigenen Kraftfahrzeug fahre. Durch Schreiben vom 11. September 1979 lehnte die Beklagte jegliche Erstattung ab, weil es sich unter keinem Gesichtspunkt um einen Arbeitsunfall gehandelt habe.

Mit ihrer am 3. März 1980 beim Sozialgericht Speyer erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht: Ihr Versicherter sei im Unfall Zeitpunkt für das Kraftfahrzeugunternehmen E. S. tätig gewesen. Durch Urteil vom 3. Februar 1981 hat das Sozialgericht Speyer die Klage abgewiesen: Die unfallbringende Fahrt habe keinen arbeitnehmerähnlichen Charakter getragen (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 RVO). Sie sei am ehesten derjenigen eines selbständigen Transportunternehmers (Taxibesitzer) vergleichbar gewesen. Aber auch dem allgemeinen Erwerbsleben könne sie nicht zugerechnet werden, weil sie auf persönlichen (freundschaftlichen) Beziehungen beruht habe und von diesen bestimmt worden sei.

Gegen das am 12. Februar zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 10. März 1981 beim Landessozialgericht eingegangenen Berufung: Ihr Versicherter habe im Unfallzeitpunkt „Pannenhilfe” geleistet und sei damit wie ein Arbeitnehmer tätig geworden. Die Tätigkeit falle auch nicht wegen Geringfügigkeit oder aus sonstigen Gründen aus dem Rahmen des allgemeinen Erwerbslebens. Immerhin betrage die Entfernung von V. nach Q. rund 15 km. Ihr Versicherter hätte demnach eine Fahrt von 30 km sowie eine Fahrt- und Wartezeit von mindestens einer Stunde für seinen Mitfahrer E. S. aufwenden müssen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 3. Februar 1981 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr mindestens 1.071,30 DM an Aufwendungen für ihren Versicherten K. L. nach dessen Straßenverkehrsunfall vom 23. November 1977 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert: Eine isolierte Betrachtung der einzelnen Verrichtung reiche nicht aus, um eine Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich zu kennzeichnen. Vielmehr müsse sie ihrer Art und den Umständen nach, unter denen sie geleistet werde, einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses der in § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO bezeichneten Art ähneln.

Im übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten der Klägerin … und der Beklagten ….

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerech...

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