Verfahrensgang

SG Trier (Urteil vom 21.03.1996; Aktenzeichen S 3 U 71/94)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 21.3.1996 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger, der ehrenamtlicher Betreuer seines 1911 geborenen und 1996 verstorbenen Stiefvaters war, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand, als er mit seinem Stiefvater einen Spaziergang unternahm.

Der am ….1928 geborene Kläger ist Rentner und nebenbei als freiberuflicher Mitarbeiter auf Provisionsbasis für die Blitzschutzbau „R.” tätig. Die Bestellungsurkunde des Amtsgerichts Daun vom 30.3.1992 wies ihm als Betreuer seines Stiefvaters die Aufgabenkreise Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge zu.

Am 13.4.1993 rutschte der Kläger bei einem Spaziergang mit seinem Stiefvater auf einem regennassen Brett aus und kam zu Fall, wobei er sich eine Distorsion des rechten Kniegelenkes und des rechten oberen Sprunggelenks zuzog. Es bestand zunächst Arbeitsunfähigkeit bis 10.5.1993. Wegen Schmerzen und einer Schwellneigung im oberen Sprunggelenk bescheinigte Dr. S. erneute Arbeitsunfähigkeit vom 4.6.1993 an für sieben Tage.

Durch Bescheid vom 7.12.1993 lehnte die Beklagte die Zahlung von Entschädigungsleistungen ab, da es sich nicht um einen versicherten Unfall gehandelt habe. Der Aufgabenkreis „Gesundheitsfürsorge” des Betreuers umfasse die Vorstellung des Betreuten bei Ärzten und Krankenhäusern im Falle der Notwendigkeit ärztlicher Behandlung. Pflegerische Maßnahmen gehörten nicht zu den Aufgaben des Betreuers. Der Spaziergang sei daher nicht dem Aufgabenkreis „Gesundheitsfürsorge” und auch nicht der Aufenthaltsbestimmung zuzuordnen.

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, sein Stiefvater habe ihn zu dem Ausflug aufgefordert. Um ihm eine Freude zu machen, habe er zugestimmt. Wie sich aus dem Aufsatz von Klüsener, Der Rechtspfleger im Betreuungsrecht, Rpfleger 1991, 225, ergebe, sei persönliche Betreuung im Sinn des § 1897 Abs. 1 BGB nicht zu verwechseln mit Personensorge oder tatsächlicher Betreuung. Gewollt sei der persönliche Kontakt. Der Betreuer habe nach § 1901 Abs. 2 S. 1 BGB den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderlaufe und dem Betreuer zuzumuten sei.

Durch Widerspruchsbescheid vom 9.3.1994 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er aus, der Spaziergang sei nicht der Gesundheitsfürsorge zuzurechnen, da hierzu nur Tätigkeiten zählten, die mit einer der Gesundheit dienenden Maßnahme in einem wesentlichen inneren Zusammenhang stünden, wie beispielsweise die Begleitung zum Arzt, die Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff oder die Besorgung von Medikamenten. Das Gebot des § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB, den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, beziehe sich nur auf den jeweiligen vom Gericht zugewiesenen Aufgabenkreis.

Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, wie sich aus der Entscheidung BSG SozR 2200 § 539 RVO Nr. 95 ergebe, seien auch nur einmalige, gelegentliche, auf wenige Stunden beschränkte Hilfstätigkeiten vom Versicherungsschutz umfaßt. Der Spaziergang habe der Gesundheit des Betreuten gedient.

Durch Urteil vom 21.3.1996 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen.

Gegen das am 12.4.1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9.5.1996 Berufung eingelegt.

Er trägt vor, zur Gesundheitsfürsorge, die ihm als Aufgabenkreis übertragen sei, zählten auch vorbeugende Maßnahmen. Dazu gehöre ein Spaziergang an der frischen Luft. Der Spaziergang sei außerdem dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung zuzuordnen. Hierunter falle das Recht zur Entscheidung, einen bestimmten Ort aufzusuchen oder nicht aufzusuchen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 21.3.1996 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7.12.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.3.1994 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Unfall vom 13.4.1993 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten. Der wesentliche Inhalt der Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

 

Entscheidungsgründe

Die nach §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Kläger stand bei dem Unfall vom 13.4.1993 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Er hat daher keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen des Beklagten.

Nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 Reichsversicherungsordnung (RVO) – die Vorschriften der RVO sind nach §§ 212 ff. SGB VII noch anwendbar, da der Unfall sich vor dem 1.1.1997 ereignete – sind die für den Bund, ein Land, eine Gemeinde, e...

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