Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht eines als Sub-Subunternehmer tätigen Paketfahrers, der engen Vorgaben in einem Qualitätshandbuch des Vertragspartners des Subunternehmers unterliegt. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein vereinbarungsgemäß als "Sub-Subunternehmer" tätiger Paketfahrer ist als abhängig Beschäftigter anzusehen, wenn er durch einzuhaltende detaillierte Vorgaben des Vertragspartners und Auftraggebers des Subunternehmers (ua in einem Qualitätshandbuch) in die Arbeitsorganisation des Subunternehmers eng eingebunden ist.

 

Normenkette

SGB III § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1 S. 1; SGB IV § 7 Abs. 1 S. 1, § 7a; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB XI § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; GüKG § 3; VO EWG 881/92 Art. 3; HGB § 407

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 15.11.2013 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit für die Klägerin in dem Zeitraum vom 1.9.2010 bis zum 28.2.2011 als Selbstständige oder als abhängig Beschäftigte ausübte und ob sie der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.

Die 1970 geborene Beigeladene zu 1) war in dem Zeitraum vom 1.9.2010 bis zum 28.2.2011 für die Klägerin, einem Unternehmen für Logistik- und Transportdienstleistungen, im Transportdienstleistungsbereich tätig. Einer der Hauptkunden der Klägerin ist die Firma H Logistik Deutschland GmbH (im folgenden H GmbH). Die H GmbH ist Logistik-Dienstleister. Sie beauftragt selbständige Unternehmer mit der Zustellung von Sendungen.

Der Geschäftsführer der Klägerin ist gleichzeitig Geschäftsführer der T Diese erbringt auf der Grundlage eines Satellitendepotvertrages mit der H GmbH Transportdienstleistungen. Mit der Klägerin ist ein solcher Satellitendepotvertrag nach deren Angaben nicht geschlossen worden. Allerdings hat auch die Klägerin einen schriftlichen Kooperationsvertrag geschlossen, der dem Satellitendepotvertrag weitgehend entspricht. Bei der Durchführung von vertraglich geschuldeten Leistungen für die H GmbH muss die Klägerin die von der H GmbH vorgegebenen standardisierten Formulare und Sachmittel verwenden und die im "H Qualitätshandbuch" vorgegebenen Serviceanforderungen erfüllen.

Die Beigeladene zu 1) war nach eigenen Angaben zuvor bereits im Paketdienstgewerbe tätig, und zwar ab dem 1.12.2009 zusammen mit ihrem Ehemann für das Transportunternehmen N K. Dieses Unternehmen war wiederum ebenfalls für die H GmbH tätig und benutzte die gleichen Formulare wie die Klägerin.

Die Beigeladene zu 1) hatte am 12.7.2010 ein Gewerbe für eine Tätigkeit im Internethandel und Paketdienst bei der Verbandsgemeindeverwaltung A angemeldet. Sie erwarb zwecks Durchführung ihrer Tätigkeit von der T GmbH einen gebrauchten Ford Transit Kastenwagen für 4000 Euro. Am 14.3.2011 erfolgte die Abmeldung des Gewerbes.

Ein zwischen ihr und der Klägerin am 26.8.2010 geschlossener "Unternehmer-Partnerschaftsvertrag" enthielt folgende Regelungen:

1. Grundlagen

1.1. Der Auftragnehmer erbringt die Dienstleistung gegenüber dem Kunden des Auftraggebers selbständig im Auftrag des Auftraggebers. Die selbständige Erledigung des Auftrages erfordert die Anmeldung eines Gewerbes. Der Auftragnehmer handelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Gewerbeanmeldung ist dem Auftraggeber schriftlich nachzuweisen. Die Ausführung der Einzelaufträge erfolgt durch den Auftragnehmer selbst oder durch unselbständige Dritte. In jedem Fall hat der Auftragnehmer zu gewährleisten, dass die Auftragsausführung nach den gesetzlichen sowie sonstigen sicherheitstechnischen Vorschriften erfolgt.

1.2. Der Auftragnehmer führt seinen Gewerbebetrieb unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, weiter unter Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften) sowie der für das Transportwesen geltenden besonderen Regelungen (z.B. Ladungssicherheit, Lenkzeitverordnung, Straßenverkehrsordnung, Vorschriften der Berufsgenossenschaft u.a.). Der Auftragnehmer führt die von ihm zu leistenden Steuern regelmäßig an das Finanzamt ab.

1.3. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, für die Dauer des Vertrages dafür Sorge zu tragen, dass etwaige öffentlich rechtliche Genehmigungen vorliegen und sein Gewerbebetrieb auch in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht so organisiert ist, dass die nach diesem Vertrag geschuldeten Leistungen erfüllt werden können. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, Änderungen in seinem Unternehmen, die insbesondere auch dessen Leistungsfähigkeit (z.B. die Anzahl der Mitarbeiter oder den Fuhrpark) betreffen, dem Auftraggeber unverzüglich mitzuteilen. Der Auftragnehmer ist damit einverstanden, dass der Au...

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