Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufskrankheit. Fehlen eines Tatbestandsmerkmals. Quasiberufskrankheit

 

Leitsatz (amtlich)

Liegt bei einer Atemwegserkrankung infolge toxisch-irritativer Einflüsse keine Obstruktion vor, scheidet nicht nur die Berufskrankheit Nr 4302 der Anlage zur BKV, sondern auch eine Quasi-Berufskrankheit (§ 551 Abs 2 RVO) aus.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob beim Kläger die Voraussetzungen einer Berufskrankheit (BK) erfüllt sind und er einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.

Der 1942 geborene Kläger war seit März 1962 bei der Firma in beschäftigt. Zunächst war er bis Mitte 1963 als Säureschutzmonteur eingesetzt. Seither ist er im Anlagenbau als Monteur auf In- und Auslandsbaustellen tätig.

Im Juli 1995 erstattete der den Kläger behandelnde Lungenarzt D eine ärztliche Anzeige über eine BK. Er nahm eine Asbestose der Lunge bei histologisch gesicherten Asbestkörperchen im Lungenparenchym an. Der histologische Befund war im Mai 1995 von Prof D von der erhoben worden.

Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten führte in seiner Stellungnahme vom November 1995 aus, dass der Kläger in der Firma in der Zeit bis Mitte 1963 mit Mörtelmischungen gearbeitet habe, in denen zum Teil asbesthaltige Materialien enthalten gewesen seien. Bei der danach ausgeübten Tätigkeit als Anlagenbaumonteur seien in der Zeit bis 1981 Keramikprodukte aus asbesthaltigem Material verwendet worden. Der TAD errechnete eine Belastung von 15,23 Faserjahren.

Der Leitende Arzt für Arbeitsmedizin an der Prof D wertete für die Beklagte die vorliegenden ärztlichen Unterlagen aus. Er gelangte in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom Januar 1996 zu dem Ergebnis, eindeutige Hinweise für eine Asbestfibrose der Lunge oder asbestassoziierte Pleuraveränderungen seien röntgenologisch nicht erkennbar. Die röntgenologisch bzw computertomographisch sichtbaren Lymphome im Bereich des Mediastinums und beider Hili seien mit einer Sarkoidose (immunell bedingte entzündliche Veränderung des Lungengewebes) vereinbar. Die Voraussetzungen für die Annahme einer BK nach Nr 4103 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) seien nicht gegeben. Dieser Beurteilung schloss sich der Staatliche Gewerbearzt des Landes Rheinland-Pfalz D an (Stellungnahme vom Februar 1996).

Daraufhin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 4.3.1996 die Anerkennung und Entschädigung einer BK nach Nr 4301 der Anlage zur BKV ab. Zur Begründung hieß es: Asbestbedingte Lungen- und Pleuraveränderungen seien nicht erkennbar. Die Sarkoidose sei kein Krankheitsbild im Sinne der BK 4301 und im übrigen berufsunabhängig.

Während des sich anschließenden Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte eine Stellungnahme des Arbeitsmediziners D vom Mai 1996 ein, welcher der Auffassung von Prof D zustimmte. Im Hinblick darauf wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 4.7.1996 zurück.

Das Sozialgericht (SG) hat die hiergegen erhobene Klage durch Urteil vom 8.1.1997 abgewiesen und sich zur Begründung auf die Äußerungen von Prof D und D gestützt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 6.2.1997 beim SG Koblenz eingelegte Berufung des Klägers.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von Oberarzt D von der vom September 1998 eingeholt. Dieser hat ua dargelegt, beim Kläger bestehe eine chronisch deformierende Bronchitis im Sinne einer toxisch irritativen Atemwegserkrankung gemäß der BK 4302. Dadurch werde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 15 % bedingt. Durch die Asbeststaubablagerungen im Lungenparenchym werde keine MdE verursacht.

Dazu hat die Beklagte eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes, des Arztes für Arbeitsmedizin vom November 1998 vorgelegt, welcher der Auffassung von D in wesentlichen Punkten widersprochen und das Vorliegen einer BK verneint hat.

Der Kläger trägt vor: Entgegen der Auffassung der Beklagten sei das Gutachten von D nachvollziehbar und weise keine Widersprüchlichkeiten auf. Die Auffassung des Arztes, die Atembeschwerden gingen auf seinen früheren Nikotinkonsum zurück, sei nicht überzeugend.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Koblenz vom 8.1.1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4.3.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.7.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, wegen einer BK im Sinne der Nr. 4103 oder Nr 4302 der Anlage zur BKV

hilfsweise,

wegen einer Quasi-Berufskrankheit iSd § 551 Abs 2 RVO eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die nach §§ 143 f., 151 SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat verweist zur B...

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