Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 02.03.1995; Aktenzeichen S 7 U 320/94) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 2.3.1995 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung und Entschädigung eines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit (BK).
Der Kläger ist 1932 geboren. Er bezieht seit dem 1.4.1992 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). 1953 erhielt er das Diplom als Geigenpädagoge im ehemaligen Jugoslawien. Nach seiner Umsiedlung in die Bundesrepublik Deutschland 1964 übte er zunächst bis 1972 berufsfremde Tätigkeiten, ua als Fließbandarbeiter, aus. Nebenberuflich war er als Violinpädagoge tätig. Ab 1973 übte er die Tätigkeit als Violinist und Violinpädagoge als Hauptberuf aus.
Im Februar 1992 stellte der Kläger den Antrag, seine Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen als BK anzuerkennen, da diese Gesundheitsstörungen auf seine berufliche Tätigkeit als Violinist zurückzuführen seien. Er verwies hierbei auf eine wissenschaftliche Studie von Prof. Dr. Sch., Universität Düsseldorf, im Ärzteblatt 1989. Zudem legte er eine Bescheinigung von Mitchell E. K., M. D. vom 16.9.1991 vor, wonach er nicht mehr als Violinist tätig sein könne.
Mit Bescheid vom 19.11.1993 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine möglicherweise durch die berufliche Tätigkeit mitbedingten Veränderungen von Hals- und Lendenwirbeln erfüllten nicht die Tatbestandsmerkmale der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO). Sie könnten deshalb nicht als BK anerkannt werden.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.1994 zurückgewiesen.
Mit Urteil vom 2.3.1995 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es festgestellt, es könne offen bleiben, ob bei dem Kläger bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule bzw der Halswirbelsäule vorliegen würden. Denn jedenfalls seien die beruflichen Voraussetzungen der BKen nach Nrn 2108 und 2109 der Anlage 1 zur BKVO nicht erfüllt. Der Kläger habe als Fließbandarbeiter weder eine langjährige Tätigkeit (10 Berufsjahre) noch eine die Hals- oder Lendenwirbelsäule schwer belastende Tätigkeit ausgeübt. Schwer belastende Tätigkeiten der Hals- und Lendenwirbelsäule seien auch als Violinist bzw Violinpädagoge nicht angefallen. Eine Entschädigung nach § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) scheide ebenfalls aus. Insoweit fehle es bereits an den notwendigen neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft. Die von dem Kläger angegebene Veröffentlichung von Prof. Dr. Schulitz im Deutschen Ärzteblatt von 1989 sei nicht neu, da die BKVO zuletzt im Dezember 1992 neu gefaßt worden sei.
Gegen das am 6.4.1995 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.4.1995 Berufung eingelegt.
Der Senat hat nach Beiziehung der ärztlichen Unterlagen von Dr. P., des St. J.-Krankenhauses V., der Weserklinik Bad P. sowie des Vorerkrankungsverzeichnisses der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) B. Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Dr. B. vom 12.2.1996. Der Sachverständige hat ausgeführt, eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO liege bei dem Kläger nicht vor. Die langjährige außergewöhnliche Haltung des Kopfes als Violinist durch die nach vorn und seitwärts erzwungene Kopfhaltung sowie die gleichzeitige maximale Anspannung der Nackenmuskulatur spiele jedoch eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Cervikalsyndromen. Insofern sei es durch berufliche Einflüsse im Sinne der BK Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKVO mit Wahrscheinlichkeit zu einer wesentlichen Verschlimmerung des lokalen Cervikalsyndroms und des links ausstrahlenden cerviko-brachialen Syndroms gekommen. Der Versicherungsfall sei am 5.2.1992 eingetreten. Die MdE sei mit 20 vH zu bewerten.
Demgegenüber hat Dr. Bö. in einer von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme nach Aktenlage vom 10.4.1996 ausgeführt, eine zwanghafte Haltung der HWS liege beim Geigespielen nicht vor. Stellungsveränderungen der Halswirbelsäule seien bei dieser Berufstätigkeit möglich. Zudem liege eine geigentypische Fehlhaltung der HWS nicht vor, was sich aus dem Röntgenbefund des Dr. B. ergebe. Schließlich lägen annähernd gleichwertige degenerative Veränderungen sowohl der HWS als auch der LWS vor, was ebenfalls gegen eine Anerkennung einer BK nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKVO spreche.
Der Kläger trägt vor, aufgrund des Gutachtens des Dr. B. sei eine Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKVO anzuerkennen und zu entschädigen. Die MdE sei mit 20 vH zu bewerten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 2.3.1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.11.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei...