Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 16.05.1990; Aktenzeichen S 5 J 615/89)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.02.1993; Aktenzeichen 5 RJ 64/91)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 16.5.1990 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Der 1941 geborene Kläger begehrt die Gewährung einer Versichertenrente.

Er hat von 1955 bis 1958 den Beruf des Steinmetz erlernt und die Gesellenprüfung abgelegt. Danach war er – mit einer Unterbrechung von 1970 bis 1973 – bis zu seiner Arbeitsunfähigkeit im Dezember 1987 als Steinmetz tätig, zuletzt bei der Firma K. in M./T.

Im Dezember 1987 wurde er wegen heftiger Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich arbeitsunfähig geschrieben. Er machte deshalb auf Kosten der Beklagten vom 1.6. bis 29.6.1988 eine Erholungskur in B. O. Dort wurden diagnostiziert: Spondylolisthesis Stadium II in L 4/5 mit Lendenwirbelsäulensyndrom, beginnende Spondylosis deformans L 3/4 und L 5/S 1, Adipositas und rezidivierende Gichtanfälle. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig, als Steinmetz könne er nicht mehr arbeiten, aber noch leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel der Körperhaltung vollschichtig verrichten.

Am 6.1.1989 wurde der Kläger in der Orthopädischen Klinik des Klinikums M. wegen seiner Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich operiert (CD-Spondylodese L 3 bis 5, Laminektomie L 4).

Im Frühjahr 1989 meldete sich der Kläger arbeitslos und bezog Arbeitslosenunterstützung. Ab 7.9.1989 war er vorübergehend als Wachmann bei der Firma I. I. und H. GmbH tätig und arbeitet zZt als Hilfsarbeiter in der Fertigung bei der Firma IS. GmbH Industrie-Schaum-Produkte.

Im Februar 1989 stellte er bei der Beklagten den Rentenantrag. Er legte ein Attest seines Hausarztes Dr. M. vom 17.4.1989 vor, in dem es heißt, durch die Spondylodese sei zwar eine wesentliche Besserung der Rückenbeschwerden eingetreten, jedoch bestünde noch eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Die Beklagte hörte den Internisten Dr. Sch. von ihrer Gutachterstelle und den Orthopäden Dr. Bl. Dr. Sch. schrieb am 20.7.1989, die festgestellten internistischen Leiden, wie die arterielle Hypertonie bei großer Adipositas und die rezidivierenden Gichtanfälle, schränkten die Leistungsfähigkeit nicht wesentlich ein. Dr. Bl. fand die Wirbelsäule wieder ausreichend belastbar, ohne pathologische Auffälligkeiten und ohne radikuläre Kompressionssyndrome. Es sei aber eine Gewichtsreduktion notwendig. Der Kläger könne keine schweren, statisch belastenden Arbeiten verrichten, sollte Zwangshaltungen und das Bewegen von Lasten über 10 kg vermeiden. Das Arbeiten auf unebenem Gelände, auf Gerüsten und Leitern, mit einer besonderen Unfallgefahr oder bei Aufenthalt in freier naßkalter Witterung sei ihm verboten.

Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag ab. Sie vertrat die Meinung, der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit weiteren Einschränkungen vollschichtig verrichten und sei deshalb auf die Tätigkeit eines Magazin- und Lagerverwalters verweisbar.

Mit dem Ziel einer Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Koblenz erhoben. Das Sozialgericht Koblenz hat die Beklagte verurteilt, Rente wegen Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren. Der Kläger könne mit dem verbliebenen Leistungsvermögen nicht mehr die einem Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit eines Magazin- und Lagerverwalters verrichten. Zwar würden die körperlich anstrengenden Arbeiten des Magazin- und Lagerverwalters teilweise von Hilfskräften erledigt, jedoch müsse der Lagerverwalter auf Leitern steigen, Überkopfarbeiten durchführen sowie sich an Regalen bücken und hocken. Dies sei dem Kläger verboten. Arbeitsplätze für Lagerverwalter mit einer körperlich geringen Belastung erforderten eine kaufmännische Vorbildung, die der Kläger nicht besitze. Eine Einarbeitung innerhalb von drei Monaten sei angesichts der heute in der Lagerverwaltung eingesetzten EDV nach Auffassung der Kammer nicht möglich. Weitere Verweisungstätigkeiten seien weder benannt noch der Kammer bekannt. Die derzeit ausgeübte Beschäftigung eines Wachmannes sei eine ungelernte Arbeit und einem Facharbeiter nicht zumutbar.

Gegen das am 29.5.1990 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.6.1990 Berufung eingelegt.

Sie trägt vor: Der Kläger genieße zwar den Berufsschutz als Facharbeiter. Er könne auch seine Arbeit als Steinmetz nicht mehr im vollen Umfang aus gesundheitlichen Gründen ausüben. Dem Sozialgericht werde darin gefolgt, daß der Kläger nicht mehr als Magazin- und Lagerverwalter arbeiten könne. Jedoch sei der Kläger auf die Tätigkeiten des Hausmeisters und eines Fachverkäufers bzw Fachberaters in Baumärkten und Hobbyabteilungen von Kaufhäusern zumutbar verweisbar. Der Hausmeister übe eine körperlich leichte bis nur gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeit aus, müsse gelegentlich bis zu mittels...

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